Insight Into: Selbstmitgefühl

In unserem Insight Into Selbstmitgefühl vom 27.05.2024 hat uns Martin Krüger das Konzept des Selbstmitgefühls als Komponente der dritten Welle der Verhaltenstherapie nähergebracht. Martin Krüger arbeitet als systemischer Therapeut und ACT-Therapeut in einer Tagesklinik und lässt Elemente des Selbstmitgefühls in seine Tätigkeit einfließen. Außerdem ist er Vorsitzender des BDP in Mitteldeutschland.

Die Veranstaltung begann mit einer Atemübung, bei der wir angehalten wurden, unseren Körper bewusst wahrzunehmen und ganz im gegenwärtigen Moment anzukommen. Im Anschluss lernten wir die Geschichte des Selbstmitgefühls genauer kennen. Selbstmitgefühl hat seinen Ursprung im Buddhismus und ist neben der „liebevollen Güte“ Teil der „vier Unermesslichen“.

In der westlichen Psychologie wurde dieses Konzept in den 2000er-Jahren durch Paul Gilbert in England und Kristin Neff in den USA aufgegriffen und etabliert. Die Forschenden stellten fest, dass wir mit uns selbst oft viel rücksichtsloser und kritischer umgehen als mit einem guten Freund. Selbstmitgefühl bedeutete nach ihrer Definition, sich selbst das gleiche Wohlwollen entgegenzubringen wie engen Bezugspersonen. Diese Idee stieß auf großes Interesse in der Forschung und wurde seither umfassend wissenschaftlich untersucht. Das Ergebnis: Selbstmitgefühl erhöht die Lebenszufriedenheit, unterstützt bei der Emotionsregulation und ist bei schweren Depressionen sogar wirksamer als Strategien der Akzeptanz oder Neubewertung.

Dieses Potenzial machen sich vor allem das Mindful Self-Compassion Program (MSC) nach Neff & Germer und die Compassion Focused Therapy (CFT) nach Gilbert zunutze. MSC ist ein achtwöchiger Kurs speziell zur Förderung von Selbstmitgefühl, der vor allem bei nicht-klinischen Populationen eingesetzt wird, aber auch im klinischen Bereich Anwendung findet. Bei CFT handelt es sich hingegen um einen transdiagnostischen Therapieansatz, der sich zunächst auf Patient*innen mit hohen Ausprägungen von Scham und Selbstkritik konzentrierte, aber mittlerweile ebenfalls ein größeres Anwendungsfeld bedient. Von den Vorteilen profitieren hierbei nicht nur Patient*innen, sondern auch Personen in helfenden Berufen, wie Therapeut*innen selbst. Martin Krüger hat uns hierbei nicht nur die Theorie erklärt, sondern die Interventionen – wie etwa das mitfühlende Briefeschreiben – auch anhand von Beispielen aus der Praxis veranschaulicht.

Des Weiteren wurde auf die Rolle eingegangen, die Selbstmitgefühl in der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) sowie der Dialektisch-Behavioralen-Therapie (DBT) spielt. Martin Krüger hat selbst verschiedene Weiterbildungen im Bereich der ACT absolviert und ist Mitbegründer des ACT-Netzwerks Mitteldeutschland. Seine Leidenschaft für das Thema war während des gesamten Vortrags deutlich spürbar und wurde von den Teilnehmenden sehr positiv aufgenommen. 

Wir bedanken uns bei Martin Krüger für die spannenden Einblicke in das vielversprechende Themenfeld des Selbstmitgefühls, das wir durch die vielen praktischen Übungen auch persönlich erfahren konnten. Danke auch an Tinatin Deisenhofer und Isabelle Karrer für die Moderation!

Wir haben uns sehr über die rege Teilnahme gefreut und hoffen, euch bald schon bei unserem nächsten Insight Into begrüßen zu dürfen.

Veröffentlicht am:
Kategorien:
Online
BDP-S
Logo Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V.

Wir unterstützen alle Psychologinnen und Psychologen in ihrer Berufsausübung und bei der Festigung ihrer professionellen Identität. Dies erreichen wir unter anderem durch Orientierung beim Aufbau der beruflichen Existenz sowie durch die kontinuierliche Bereitstellung aktueller Informationen aus Wissenschaft und Praxis für den Berufsalltag.

Wir erschließen und sichern Berufsfelder und sorgen dafür, dass Erkenntnisse der Psychologie kompetent und verantwortungsvoll umgesetzt werden. Darüber hinaus stärken wir das Ansehen aller Psychologinnen und Psychologen in der Öffentlichkeit und vertreten eigene berufspolitische Positionen in der Gesellschaft.

Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen