Rentenversicherungspflicht trotz Selbstständigkeit?
Psychologinnen und Psychologen sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die mit einem Arbeitsvertrag als Angestellte arbeiten, sind sozialversicherungspflichtig, also auch rentenversicherungspflichtig. Sie müssen sich in der Regel wenig kümmern. Es ist Aufgabe der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitgebers, die Rentenversicherungsbeiträge abzuführen. Aber wenn Psychologinnen und Psychologen sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ganz oder teilweise selbstständig freiberuflich arbeiten, müssen sie selbst klären, ob und ggf. wo sie rentenversicherungspflichtig sind.
Für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ergibt sich allerdings (außer in Berlin) aus den landesrechtlichen Heilberufsgesetzen, dass sie mit ihrer freiberuflichen psychotherapeutischen Tätigkeit Pflichtmitglied in einem Berufsversorgungswerk sind und dorthin Beiträge abführen müssen. Diese Pflichtmitgliedschaft wird wohl weit überwiegend positiv gesehen, bietet sie doch eine vergleichsweise günstige bzw. finanzkräftige Solidarstruktur. Umgekehrt dürfte es der sozialpolitischen Kritik, dass sich eine finanzstarke Berufsgruppe aus der allgemeinen Solidarstruktur der Deutschen Rentenversicherung (DRV) entzieht, entsprungen sein, dass (anders als historisch bei anderen verkammerten Berufen) nur die selbstständige freiberufliche, nicht aber die Angestelltentätigkeit über das Versorgungswerk erfasst wird (und in Berlin weder das eine noch das andere). Es gilt also für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der Vorrang der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht in der DRV.
Das bedeutet, dass die nachfolgend genannten Besonderheiten sowohl für Psychologinnen und Psychologen als auch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten von Bedeutung sind: für Erstgenannte (sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Berlin) in der Unterscheidung, ob sie rentenversicherungspflichtig sind oder gar nicht, für Zweitgenannte, ob sie in der DRV oder im Versorgungswerk rentenversicherungspflichtig sind.
Grundsätzlich und weitgehend ist eine selbstständige freiberufliche Tätigkeit nicht gesetzlich rentenversicherungspflichtig, § 2 SGB VI benennt aber Ausnahmen. Hier sind die folgenden beiden Fälle interessant.
Rentenversicherungspflicht als Lehrtätige
Die Rechtsprechung legt den Begriff „Lehrende“ weit aus. Die Vermittlung von Wissen wird genauso erfasst wie das Antrainieren von Fähigkeiten. Auf eine Qualifikation kommt es nicht an. Das reicht von der Professorin über einen Fußballtrainer bis zum Volkshochschul-Kochkurs. Andererseits ist allein ein Lerneffekt nicht entscheidend, sodass nicht schon eine Psychotherapie, bei der Patientinnen und Patienten durchaus auch etwas lernen, als Lehrtätigkeit verstanden wird.
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Jan Frederichs
Zunächst erschienen im report psychologie 10/2019