Stellungnahme: Neustarthilfe für Soloselbständige: Verlässliche Regelungen seitens des Bundeswirtschaftsministeriums dringend erforderlich!
Für viele freiberuflich Tätige und Solo-Selbständige bedeuten die Regelungen zum Lockdown faktisch ein Berufsverbot. Die persönliche Arbeit mit Klient*innen im direkten Kontakt, ist seit März 2020 stark eingeschränkt. Für viele Solo-Selbständige war die Zusicherung staatlicher Hilfen seitens des Bundesfinanzministers Olaf Scholz und des Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier – „…Es wird nicht gekleckert, sondern geklotzt!“ und das Stichwort: „Bazooka“ – im März 2020 ein Hoffnungsanker. Die seinerzeit auf den Weg gebrachten Corona-Soforthilfen der Bundesländer konnte man ursprünglich als finanzielle Unterstützung bei Liquiditätsengpässen beantragen. Als die Soforthilfen des Bundes dann dazu kamen, wurde der Begriff „Liquiditätsengpass“ deutlich enger gefasst. Nur für den Fall, dass der erwerbsmäßige Sach- und Finanzaufwand nicht durch die Einnahmen gedeckt wäre, wurde die Billigkeitsleistung gewährt. Für bereits gewährte Hilfen bedeutete das die Rückzahlung, und zwar aufgrund nachträglich veränderter Vergaberichtlinien. Für Solo-Selbständige, die geringe Betriebskosten nachweisen konnten, zum Beispiel weil sie in der eigenen Praxis arbeiten, bedeutete das: Keine Corona-Soforthilfe oder Rückzahlung bereits gewährter Mittel.
Mit der Neustarthilfe sollten nun für das erste Halbjahr 2021 maximal 7.500 Euro als Hilfen geleistet werden, und zwar unabhängig von Betriebskosten. Auf die Monate März 2020 bis Juni 2021 gerechnet, ist dies ein Betrag von jeweils rd. 460 Euro als steuerbare Einnahmen in einem Zeitraum, in dem keine oder nur spärliche Einnahmen aus freiberuflicher Präsenz-Tätigkeit zu realisieren waren.
Die Neustarthilfe soll Umsatzrückgänge ausgleichen. Lange Zeit fanden sich auf der Internetseite der beiden Ministerien
(https://www.ueberbrueckungshilfe‑unternehmen.de/UBH/Redaktion/DE/Artikel/neustarthilfe.html) keine genauen Hinweise auf die Rückzahlungsmodalitäten für den Fall eines unerwartet höheren Umsatzes im ersten Halbjahr 2021. Diese sind erst seit dem 30.06.2021 – also auf den letzten Tag – dort zu lesen. In der bis Ende Juni veröffentlichen Information war zu lesen „Sollte der Umsatz … bei über 40 Prozent des sechsmonatigen Referenzumsatzes liegen, sind die Vorschusszahlungen anteilig so zurückzahlen, dass in Summe der erzielte Umsatz und die Förderung 90 Prozent des Referenzumsatzes nicht überschreiten.“
Nach dem 30.06.2021 lautete es dann: "Bei Referenzumsätzen von über 15.000 Euro (…), bei denen die Neustarthilfe auf 7.500 Euro (…) gedeckelt ist, wird für die Berechnung der Rückzahlung hilfsweise ein Referenzumsatz von 15.000 Euro (…) herangezogen. So wird gewährleistet, dass bei Soloselbständigen (…), die die maximale Neustarthilfe erhalten (gedeckelt oder ungedeckelt) die absoluten Rückzahlungsbeträge gleich hoch sind, unabhängig von der absoluten Höhe ihres Referenzumsatzes."
Neue Begrifflichkeiten, neue Berechnungsregeln und in der Konsequenz: Rückzahlung der Neustarthilfe.
Viele Freiberufler und Solo-Selbständige, die den Aussagen der Politik vertraut und zum Beispiel die von ver.di und vielen Steuerberatern bereitgestellten Rechenformulare zur Neustarthilfe und zu deren Rückzahlung genutzt haben, sind nun in der fatalen Situation, dass sie mit der Rückzahlung der Neustarthilfe (rd. 460 Euro monatlich seit Beginn der Lockdowns) rechnen müssen.
Unter anderem durch die Initiative des Verbands der Gründer und Selbständigen e.V. (VGSD) wurden die Regeln durch das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesfinanzministerium erneut geändert. Ein offizielles und verlässliches Berechnungstool zur Neustarthilfe, seit Monaten vom BMWi angekündigt, steht allerdings noch immer nicht zur Verfügung. Aufgrund der Erfahrungen mit der Corona-Soforthilfe und den immer wieder neu formulierten Richtlinien zur Neustarthilfe bleibt zu befürchten, dass „…Es wird nicht gekleckert, sondern geklotzt!“ keine belastbare Aussage bleibt.
Konzerne wurden großzügig mit Steuermitteln unterstützt: Bei den auf alleiniges unternehmerisches und existentielles Risiko arbeitenden Freiberufler*innen kann der Eindruck entstehen, dass deren Steuerzahlungen immer willkommen sind, dass sie aber dann durch das Raster fallen, wenn sie wegen gesetzlicher Restriktionen ihre Beschäftigung nicht mehr ausüben können.
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) fordert daher bei der Neustarthilfe für Soloselbständige verlässliche Regelungen seitens der Politik.