Stellungnahme zum Grünbuch "Die psychische Gesundheit der Bevölkerung verbessern"
Vorbemerkung
Angesichts der steigenden Bedeutung psychischer Aspekte für die Lebensbewältigung der Bürger in Europa begrüßt der BDP in besonderem Maße die von Kommission und Rat entwickelten Initiativen zur Förderung psychischer Gesundheit.
Zu den im Grünbuch unter (8) aufgeführten Fragen möchten wir wie folgt Stellung nehmen:
Ad 1
Die Ausprägungen psychischer Gesundheit in den nationalen Bevölkerungen und die Auftretenshäufigkeiten und Schweregrade von psychischen Störungen sind wesentliche Faktoren für Wohlstand, Lebensqualität und soziale Gerechtigkeit der europäischen Länder. Insbesondere in den hoch entwickelten Wirtschaftssystemen mit stark steigender Komplexität der Anforderungen an den Einzelnen, steigendem Alter und damit erhöhten Morbiditätsrisiken sowie zunehmender sozialer Isolation ist eine weitere Steigerung des Einflusses der psychischen Gesundheit in positiver oder negativer Weise auf die genannten Faktoren zu erwarten. Die Bedeutsamkeit dieser Faktoren wächst allerdings mit steigendem Wohlstand zukünftig auch in den wirtschaftlich noch schwächeren Ländern und fordert daher die politischen Entscheidungsträger zu einer frühzeitigen und nachhaltigen Reaktion auf Gemeinschaftsebene heraus. Insofern lässt sich aus unserer Sicht feststellen, dass die Förderung psychischer Gesundheit und Prävention psychischer Störungen nicht nur aktuell von sehr hoher Bedeutung ist, sondern darüber hinaus eine der wichtigsten Aufgaben für die zukünftige Entwicklung der Gemeinschaft darstellt.
Ad 2
Eine umfassende Strategie der Europäischen Union zur Förderung psychischer Gesundheit ist unseres Erachtens eine Entwicklungsaufgabe, die schon mittelfristig, aber vor allem langfristig mit einem hohen Mehrwert im wirtschaftlichen Bereich und bei der Lebensqualität einhergeht. Die Prioritätensetzung in Abschnitt 5. ist unseres Erachtens gut dazu geeignet, diesen Mehrwert herbeizuführen. Dabei ist zu ergänzen, dass die Aspekte Gesundheitsförderung und Prävention psychischer Erkrankungen mit einem besonderen Schwerpunkt auf besonders benachteiligte Gruppen
und Kinder und Jugendliche versehen werden sollten. Entsprechend sollte bei dem vierten Ziel - der Entwicklung eines einschlägigen Informationssystems - darauf geachtet werden, dass vorgenannte Gruppen mit diesen Systemen erreicht werden können und sowohl die Sprache als auch die Zugänglichkeit entsprechend gestaltet werden. Im Hinblick auf die Wissensverbreitung sind weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Reichweite in den Mitgliedstaaten ergänzend zu erwägen, damit eine Breitenwirkung erzielt werden kann, zum Beispiel durch Printmedien für sozial benachteiligte oder bildungsferne Gruppen in einer für sie verständlichen Sprache.
Ad 3
Die Liste der unter 6. aufgeführten Initiativen ist aus unserer Sicht zwar nicht vollständig, aber grundsätzlich gut geeignet, die in der Fragestellung aufgeführten Zielsetzungen zu befördern und langfristig auch zu erreichen. Die Weiterentwicklung der Konzepte und Neuentwicklung effektiver Programme kann im Rahmen des Dialoges mit den Mitgliedstaaten, der Einrichtung einer Plattform für psychische Gesundheit und der Schnittstelle im Aufgabenbereich Forschung und Implementation deutlich besser unterstützt werden, als dies in den derzeitigen Strukturen gelingt. Der kontinuierliche Austausch dieser Ebenen im Rahmen von Konsultationsprozessen enthält u.E. viele Potenziale für eine harmonisierte evidenzbasierte Entwicklung eines Teils der europäischen Gesundheitspolitik, die unseres Erachtens für die Erreichung der unter 1. genannten Ziele konstitutiv ist.
1. Psychische Gesundheit als Ziel der EU
In der folgenden inhaltlich erweiterten Stellungnahme finden Sie einzelne Aussagen zu den angesprochenen Maßnahmen und zu möglichen weiteren Maßnahmen, wie sie im Rahmen des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen und der multidisziplinären Netzwerke, in denen der BDP sich für psychische Gesundheit engagiert, aktuell diskutiert werden.
1.1 Für den Weg zu langfristigem Wohlstand
Ein Weg zu langfristigem wirtschaftlichen Wohlstand ist aus humanistischer Sicht nur sinnvoll, wenn er mit psychischer Gesundheit und Wohlbefinden der Bürger verbunden ist.
Ein stabiler langfristiger Wohlstand lässt sich wohl nur erreichen, wenn er auf einer psychisch gesunden Arbeits- und Leistungsfähigkeit seiner Bürger beruht (und nicht auf erhöhter Arbeitslosigkeit, Kosteneinsparungen an Arbeitskräften und Aktienspekulationen).
Da deutlicher erkannt ist, wie die Leistungsfähigkeit der Bürger durch psychische Erkrankungen eindeutig vermindert wird und so auch die Leistungsfähigkeit von Wirtschaftsorganisationen geschwächt wird, wird ja die Förderung der psychischen Gesundheit in Europa in den Blick genommen.
1.2 Für Solidarität und soziale Gerechtigkeit
Solidarität heißt für den einzelnen Bürger:
- soziale Integration in Lebens- und Arbeitsgemeinschaften erleben können
- und – als Folge des Erlebens – für soziale Integration von Mitmenschen handeln können.
Wesentliche Merkmale psychischer Gesundheit sind:
- Solidarität erleben können sowie
- solidarisch handeln wollen und können.
Das persönliche Erleben der Bürger von Solidarität und ihr persönliches Handeln für Solidarität sind eine wichtige Basis für alle gesellschaftlichen Formen von Solidarität und sozialer Gerechtigkeit.
1.3 Für deutlich mehr Lebensqualität der Bürger Europas
Bürger erleben Lebensqualität, wenn sie – im Sinne der Menschenrechtsdeklaration der UNO – ihre Menschenwürde bewusst erleben auf der Grundlage von (a) Gesundheit und Wohlbefinden, (b) Selbstachtung und Selbstbestimmung, (c) sozialer Integration in Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, (d) Freiheit, (e) Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, (f) Frieden, (g) Gerechtigkeit und (h) Sinnerfüllung sowie (i) ihre Pflicht zur Achtung der Menschenrechte und Menschenwürde anderer Menschen bewusst anerkennen.
Zur Lebensqualität gehört – im Sinne der Menschenrechtsdeklaration der UNO im Sinne der Gesundheitsdefinition der WHO – ein körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden.
Ein wesentliches Merkmal psychischer Gesundheit ist, die persönliche Menschenwürde (mit den o.g. Aspekten), Wohlbefinden und Lebensqualität
- bewusst wahrnehmen, erleben, verstehen zu können sowie
- durch selbstbestimmte Zielsetzungen motiviert, bewusst und gezielt fördern zu können.
2. Mehrwert einer EU-Strategie für psychische Gesundheit
2.1 Wert einer generellen Förderung der psychischen Gesundheit
"Gesundheit" bzw. "psychische Gesundheit" lässt sich immer aus zwei Blickperspektiven betrachten: Aus einer positiv definierten Gesundheitsperspektive, z.B. als "Wohlbefinden" und aus einer Krankheitsperspektive, z.B. als Belastung durch Störungen.
Menschen beeinflussen – als Bürger, als Fachleute und als Politiker – ihr gesundheitsbezogenes Denken und Handeln dadurch, dass sie eine der beiden Perspektiven vorrangig betonen. Leider wird beim Blick auf die psychische Gesundheit aufgrund der großen Belastungen durch psychische Erkrankungen die Krankheitsperspektive eindeutig überbetont.
Um die psychische Gesundheit zu verbessern, ist es aus psychologischer Sicht eindeutig motivierender, zufriedenstellender, leichter und Erfolg versprechender, positive Ziele zu mehr psychischer Gesundheit anzustreben als psychische Störungen vermeiden oder beseitigen zu wollen; denn für positive Zielsetzungen organisieren Menschen ihre Motivationen und Strategien günstiger als für das Vermeiden von Gefahren und den Abbau von Störungen. Wenn Menschen primär positive Ziele psychischer Gesundheit anstreben, erzielen sie dadurch als "Nebenwirkungen" auch eine Prävention und Therapie psychischer Störungen.
Wenn Menschen beispielsweise bewusst ihre Gesundheitsaktivitäten ausdehnen, bewirken sie Prävention und Therapie depressiver Störungen und Suchtgewohnheiten. Wenn Menschen bewusster und deutlicher zu ihrem Leben Ja sagen, vermindern sie Gefährdungen zu depressiven Störungen. Wenn Menschen ihr positives Körpererleben, Selbstvertrauen, soziales Vertrauen und transzendentes Vertrauen fördern, überwinden sie eher Ängste.
In der Publikation "Mental Health Promotion und Mental Disorder Prevention" aus dem EU-Projekt IMPHA ist als erstes von fünf Prinzipien genannt, das Wissen über psychische Gesundheit zu verbreiten. In der "Europäische Erklärung zur psychischen Gesundheit – Herausforderungen annehmen, Lösungen schaffen" (2005) der Europäischen Ministerielle WHO-Konferenz Psychische Gesundheit ist als erste Aufgabe benannt, das Bewusstsein von der Bedeutung des psychischen Wohlbefindens zu fördern.
Daher seien, ausgehend von der im Grünbuch genannten WHO-Definition zur psychischen Gesundheit, nachfolgend zentrale Merkmale und Ziele psychischer Gesundheit benannt und spezifiziert. Psychische Gesundheit umfasst:
- Psychisches Wohlbefinden (Wellness): Sich selbst als einmalige Person im Einklang mit der natürlichen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebenswelt bewusst positiv erleben können, mit positivem Körpererleben, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, Lebenszufriedenheit, mit positiver Integration in Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, in Gemeinden und in der umgebenden Kultur;
- selbstbestimmte Lebensgestaltung (Fitness): Das eigene Leben in der natürlichen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebenswelt bewusst und selbstbestimmt gestalten wollen und können, dabei an der Gestaltung der natürlichen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebenswelt bewusst und selbstbestimmt kooperieren wollen und können, verbunden mit tiefer Überzeugung zur Menschenwürde seiner selbst und der Mitmenschen,
- Bewältigungsfähigkeiten (Coping): Unsicherheiten und Belastungen als Anteile des Lebens in der natürlichen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Lebenswelt bejahen, verstehen und bewältigen können.
Der BDP plant für das gegenwärtig laufende EMIP-Projekt der EU eine deutlichere Beantwortung zentraler Fragen zur Förderung psychischer Gesundheit:
- Was sind wesentliche Ziele psychischer Gesundheit?
- Welche Prinzipien sind zur Förderung psychischer Gesundheit wesentlich?
- Welche Formen evidenzbasierter Maßnahmen sind dazu entwickelt?
Die Verbindung einer Förderung psychischer Gesundheit mit präventiven Absichten wird beispielhaft in einer Vielzahl evidenzbasierter Fördermaßnahmen für Kinder und Jugendliche deutlich, wie die Bestandsaufnahme "Gesundheitsförderung durch Lebenskompetenzprogramme in Deutschland" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BzgA (2005) aufzeigt. Viele dieser Programme zielen primär auf die Förderung von Lebenskompetenzen, z.B. Selbstwertgefühl, positives Körpererleben, Gefühlsfähigkeiten, Selbstreflexion, Willensklärung, soziale Kommunikations- und Beziehungsfähigkeiten, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeiten, um dadurch präventive Wirkungen gegenüber Suchtverhalten, Depressionen und Ängsten zu erreichen.
2.2 Wert einer Prävention psychischer Erkrankungen
Wie oben dargestellt, ergeben sich präventive Wirkungen vor allem als Nebenwirkungen durch das Anstreben positiver Ziele psychischer Gesundheit.
Zur Primärprävention psychischer Störungen hat der Deutsche Bundestag 1975 in der "Enquete zur Lage der Psychiatrie" (Drucksache 7/4200) wichtige Hinweise gegeben. Damals schon galten die Lebensphasen des Lebensbeginns (Schwangerschaft, Geburt und postnatale Entwicklung), der Kindheit und Jugendzeit und des höheren Alters als präventiv bedeutsam, ebenso auch der Bereich der Arbeit und auch der Bereich von Stadtplanung und Wohnen.
Empfohlen wurden Ausbau und Förderung von:
- Betreuung gefährdeter Kinder,
- Elternschulen und Elterntrainings,
- Kinder- und schulpsychologische Beratungsstellen,
- Beratungsdienste vor allem für Familien, besonders in gefährdeten Bevölkerungsgruppen,
- Maßnahmen zum Familienschutz,
- Psychohygiene als wichtiger Teil der Erwachsenenbildung,
- psychotherapeutischen und psychiatrischen Diensten mit präventiven Aufgaben,
- psychisch gesunden und wenig belastenden Arbeitsbedingungen an Arbeitsplätzen
- psychologischer Beratung bei Stadtplanung und größeren Wohnungsbauvorhaben.
2.3 Wert von mehr Lebensqualität psychisch kranker Menschen durch soziale Integration und Schutz ihrer Menschenwürde
In Europa entfaltete sich in den 70er Jahren im psychiatrischen Bereich eine von Fachleuten getragene Bewegung zur gemeindenahen Sozialpsychiatrie mit sozial- und psychotherapeutischen Ansätzen als Alternative zu psychiatrischen Anstalten mit überwiegend verwahrenden und entmündigenden Wirkungen. Durch diese Bewegung begann eine bahnbrechende fachliche und gesundheitspolitische Aufmerksamkeit für die soziale Integration psychisch kranker Menschen und ihre Menschenwürde.
In Deutschland wurden gesundheitspolitisch nach der Verabschiedung der "Enquete zur Lage der Psychiatrie" (1975) durch das "Modellprogramm Psychiatrie" 1980 – 1985 in verschiedenen Regionen Einrichtungen zur gemeindenahen psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung aufgebaut und gefördert, z.B. Beratungsstellen, Kriseninterventionsdienste, sozialpsychiatrische Dienste, ambulante Einrichtungen zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung, teilstationäre Einrichtungen, Einrichtungen betreuten Wohnens usw..
Solche gemeindenahen und sozialpsychiatrischen Ansätze zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung mit präventiven Aufgaben sollten europaweit gefördert werden.
2.4 Wert eines Informations-, Forschungs- und Wissenssystems für die EU
Ein mehrsprachiges Informations-, Forschungs- und Wissenssystem zur psychischen Gesundheit für die EU ist sehr sinnvoll.
Sinnvoll sind beispielsweise Internet-Datenbanken zu
- positiven Zielsetzungen psychischer Gesundheit
- praktikablen bewährten Fragebogentests
- evidenzbasierte Maßnahmen zur Förderung und Prävention
- öffentlich geförderten Forschungsprojekten
3. Zielbezogene Eignung vorgeschlagener Initiativen zur Förderung der psychischen Gesundheit der Bevölkerung
3.1 Psychische Gesundheit von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen
Die psychische Gesundheit in der Kleinkindzeit, Kindheit und Jugendzeit ist eine Basis für die psychische Gesundheit im Leben als Erwachsener und im Alter. Diese wichtige psycho-logische Erkenntnis hat sich im letzten Jahrhundert durchgesetzt. Deshalb ist die Förderung der psychischen Gesundheit von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen zu Recht als eine primäre Aufgabe genannt. Deshalb zielten in Deutschland schon die primärpräventiven Anregungen in der "Enquete zur Lage der Psychiatrie" (s.o.) besonders auf die Förderung psychischer Gesundheit für Kinder und Jugendliche von Geburt an.
Überblicke über evidenzbasierte Maßnahmen zur Förderung psychischer Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen, vorwiegend im Setting der Schule, bieten:
- die Bestandsaufnahme "Gesundheitsförderung durch Lebenskompetenzprogramme in Deutschland" (PDF) der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2005)
- die "Sammlung evaluierter Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation" des Fachbereiches Gesundheitspsychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) (2005)
- der Beitrag "Mental Health Promotion und Prävention in Deutschland" (PDF) von Prof. Bernd Röhrle beim EMIP-Workshop 2005, insbesondere mit einem Überblick zu schulischer Gesundheitsförderung (Folien 24 – 29)
3.1.1 Koordinierung schulpsychologischer Aktivitäten auf europäischer Ebene
Um die psycho-soziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen europaweit zu verbessern, ist es darüber hinaus sinnvoll, zu einer engeren Zusammenarbeit der nationalen Vereinigungen von Schulpsychologen zu gelangen.
Bislang existieren nationale Verbände von Schulpsychologen in einzelnen europäischen Mitgliedstaaten sowie der Internationale Verband der Schulpsychologen (ISPA). Es fehlt jedoch ein Bindeglied auf europäischer Ebene, das mehrere Vorteile für die psycho-soziale Versorgung der europäischen Schülerinnen und Schüler sowie Schulen mit sich bringen kann:
- Die task force "Psychologists in the educational system" der Europäischen Föderation von Psychologenverbänden (European Federation of Psychologists' Association, EFPA), ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Situation der Schulpsychologen in Europa durch einen Europäischen Verband von Schulpsychologen, welcher sich der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Schulpsychologen und damit zur qualifizierteren psycho-sozialen Versorgung von Schülerinnen und Schülern sowie Schulen widmet, beitragen kann.
- Ein europäischer Verband kann die Organisation und Koordination von Fortbildung sowie Ausbildung von Schulpsychologen in Europa verbessern, um zu einem gemeinsamen hohen europäischen Qualifikationsstandard dieser Berufsgruppe beizutragen. Dies wiederum wird eine Qualitätsgarantie in der Versorgung des "Klientels" mit sich bringen.
- Ein europäischer Verband kann eine europaweite Datenbank zur Information und Dokumentation schulpsychologischer Themen aufbauen helfen, die dazu beiträgt, angesichts zunehmender Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt schnellere und präzisere psycho-soziale Hilfe für Schülerinnen und Schüler sowie Schulen europaweit zu finden (Beispiele: Schullaufbahnberatung, Förderung von Kindern mit besonderen Erziehungsbedürfnissen, Berufsberatung europaweit).
- Ein europäischer Verband von Schulpsychologen kann effizienter als nationale Verbände durch zunehmende Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt erwachsene schulpsychologische Ansprüche (z.B. Normierung von schulpsychologischen Tests für mehrsprachige Kinder oder Kinder verschiedenen kulturellen Hintergrunds) mit den dafür notwendigen begleitenden wissenschaftlichen Untersuchungen z.B. an Universitäten koordinieren.
- Ein europäischer Schulpsychologenverband kann mit europäischer Expertise im Berufsfeld dazu beitragen, einen Konsensus europäischer Erziehung und Bildung zu entwickeln, der auch auf den ethischen Prinzipien schulpsychologischer Arbeit basiert, wie z.B. der Charta für Kinderrechte.
- Als Koordinationsstelle eines solchen europäischen Berufsverbandes kann eine zen-trale europäische Agentur für Schulpsychologie in Brüssel geschaffen werden.
- Eine solche Koordinationsstelle könnte zugleich als schulpsychologischer Dienst für die Europäischen Schulen zur Verfügung stehen, die bereits jetzt eines europäischen Ansatzes in der Schulpsychologie bedürfen aufgrund ihrer besonderen Struktur, und die gleichzeitig für den europäischen Verband als "Baustelle" der Anwendung europäischer Schulpsychologie zur Verfügung stehen könnten.
3.2 Psychische Gesundheit von Familien
Die Qualität von Familienbeziehungen ist eine wichtige Grundlage psychischer Gesundheit in der Kleinkindzeit und Kindheit; sie ist auch für die psychische Gesundheit im gesamten Lebenslauf sehr wichtig. Seit den 70er Jahren spielt im Bereich professioneller sozialer und psychologischer Arbeit, vor allem in Beratungsstellen, die systemische Perspektive der biologischen oder Wahlfamilienorientierung eine große Rolle. Denn die Unterstützung partnerschaftlicher und familiärer Integrationsprozesse wirkt sich in vielen Lebensphasen positiv auf psychische Gesundheit aus. Daher betrachtet die WHO für die europäische Zielstrategie "Gesundheit21" Familien als besonders wichtige Zielgruppen im Feld der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung.
Von daher sollten Familien zusätzlich als wichtige Zielgruppe zur Förderung psychischer Gesundheit in der Agenda der EU genannt sein.
Insbesondere ist die Unterstützung von Familien mit besonderen psychischen und sich psychisch auswirkenden sozialen und körperlichen Belastungen zur gesellschaftlichen Förderung psychischer Gesundheit wichtig:
- unvollständige Familien, vor allem allein stehende Elternteile mit Kindern,
- Familien mit schwerwiegenden sozialen Belastungen wie Armut, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit,
- Familien mit traumatisierten, chronisch erkrankten, psychisch erkrankten, behinderten, pflegebedürftigen und sterbenden Angehörigen,
- Familien in der Trauerphase nach dem Verlust von Angehörigen, auch nach Trennungen und Scheidungen,
- Familien mit Suchtmittel missbrauchenden Angehörigen, auch wegen der familiären Belastungen durch soziale und psychische Auswirkungen des Suchtmittelmissbrauches.
3.3 Psychische Gesundheit der Erwerbstätigen
Betriebliche Gesundheitsförderung hat sich seit den 90er Jahren erfreulicherweise als ein wesentlicher, arbeits- und gesundheitspolitisch geförderter Baustein zur Gesundheitsförderung von Erwachsenen in Deutschland etabliert.
Im Rahmen des Europäischen Netzwerks für betriebliche Gesundheitsförderung (ENWHP) besteht auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) seit 2002 das Deutsche Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF) (www.dnbgf.org) als übergreifende nationale Plattform.
Zur Förderung psychischer Gesundheit und Verminderung von Arbeitsausfällen wegen psychischer Belastungen und Störungen gilt Stressbewältigung als ein wichtiger Weg.
Für die psychische Gesundheit ist das Erleben positiver Integration in Arbeitsgemeinschaften bzw. am beruflichen Arbeitsplatz sehr wichtig. Dieser Bestandteil psychischer Gesundheit erscheint durch wirtschaftliche Umstrukturierungen besonders bedroht: Angst vor Arbeitslosigkeit, Mobbingbelastungen und tatsächliche Arbeitslosigkeit nehmen zu, verstärkt auch durch Mangel an sozialen Kompetenzen und fairen Kommunikationsprozessen insbesondere bei Führungskräften. Maßnahmen zur Förderung von Kommunikationsfähigkeiten, sozialen Kompetenzen und eines positiven sozialen Betriebsklimas sollten in der betrieblichen Gesundheitsförderung ein deutlich stärkeres Gewicht bekommen.
3.4 Psychische Gesundheit älterer Menschen
Die Förderung der psychischen Gesundheit älterer Menschen ist ebenfalls eine wichtige Zielsetzung europäischer Aktivitäten für die psychische Gesundheit.
Die gerontopsychologisch erarbeiteten "15 Regeln für ein gesundes Älterwerden" von Prof. Dr. Andreas Kruse, beim Weltgesundheitstag 1999 zum Thema "Aktiv leben - gesund alt werden" erstmals vorgestellt (www.who-tag.de/1999regeln.htm) erläutern wichtige Prinzipien für die psychische Gesundheit im Alter, insbesondere bewusste Lebensgestaltung mit viel körperlichen, geistigen und sozialen Aktivitäten sowie mit Bereitschaft zu weiteren Entwicklungen.
Die Entwicklung bewährter Fördermaßnahmen für die psychische Gesundheit älterer Menschen ist eine wichtige Zukunftsaufgabe.
3.5 Gezielte Maßnahmen für vulnerable Gesellschaftsgruppen:
Die Entwicklung gezielter Maßnahmen für vulnerable Gesellschaftsgruppen mit niedrigem sozialem und wirtschaftlichem Status, mit Arbeitslosigkeit, mit Migrationshintergrund, usw. ist eine wichtige Aufgabe zur Förderung psychischer Gesundheit.
Dabei sind vor allem Maßnahmen zu entwickeln, bei denen ein initiatives Zugehen zu solchen Gruppen Vorrang hat gegenüber einem Warten, bis Menschen solcher Gruppen kommen.
4. Zielbezogene Eignung vorgeschlagener Initiativen zu den weiteren genannten Zielsetzungen
Zu den weiteren genannten Zielsetzungen
- Prävention psychischer Erkrankungen
- Förderung der sozialen Integration psychisch kranker Menschen
- Verbesserter Informations- und Wissensstand in der EU
werden die genannten Initiativen als angemessen betrachtet und vom BDP unterstützt.
Ergänzende Anregungen des BDP zu diesen Zielsetzungen sind schon oben (2.2 – 2.4) genannt.