Zum Entwurf eines Gesetzes zur Umwandlung psychiatrischer Einrichtungen und Entziehungsanstalten in Schleswig-Holstein

Der BDP steht der Privatisierung von Krankenhäusern im Bereich der Akutversorgung und der Rehabilitation grundsätzlich offen gegenüber. Im Hinblick auf eine potentielle Überführung des psychiatrischen Maßregelvollzugs sind jedoch aus unserer Sicht erhebliche Bedenken in fachlicher, ethischer und ökonomischer Hinsicht zu formulieren.

Zunächst ist festzustellen, dass sich im psychiatrischen Maßregelvollzug der grundsätzlich im Strafvollzug bestehende Doppelauftrag von Resozialisierung einerseits und Verwahrung, Sicherung und Generalprävention anderseits besonders zugespitzt darstellt. Der schmale Grat zwischen einer zu treffenden Legalprognose im Rahmen der Entlassung einerseits und der Reaktion von Politik und Bevölkerung auf die Straftat eines beurlaubten oder entlassenen Patienten andererseits erfordert eine institutionelle Kultur der Eigenständigkeit und höchsten Professionalität der Berufsausübenden.

Privatwirtschaftlich organisierte Einrichtungen sind auf Gewinn ausgerichtet, sie sollen also mit möglichst geringem Einsatz größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Dies widerspricht den Prinzipien des psychiatrischen Maßregelvollzugs. Hier ist es zum einen notwendig, ein therapeutisches Reservoir vorzuhalten, das Kosten verursacht; zum anderen lassen sich Unterbringungszeiten von Patienten im Maßregelvollzug nur bedingt, in vielen Fällen gar nicht verkürzen, so dass die angestrebte Verbesserung der Kosten-Nutzen-Relation nicht erreicht wird.

Weiterhin ist die Tendenz, im Rahmen der Entlassung Restrisiken einzugehen, nach unserer Auffassung bei privatwirtschaftlichen Organisationen geringer, schon weil solche Unternehmen Skandale größeren Ausmaßes in jedem Falle vermeiden wollen, auch um Anschlussverträge nicht zu gefährden. Die Folge werden längere Unterbringungszeiten sein. Eine Kompensierung der dadurch entstehenden Kosten durch Absenkung der Personalqualität und somit der therapeutischen Qualität ist die erwartbare Konsequenz. Beispiele, in denen Pflegepersonal durch Wachpersonal ausgetauscht wurden, sind bekannt.

Ein privatrechtlicher Anbieter ist auch nicht an fachliche und berufliche Standards der Krankenbehandlung gebunden und kann ohne weiteres gering bzw. nicht qualifiziertes Personal einsetzen. Diese Absenkung wiederum reduziert therapeutische Erfolge, wirkt sich allgemein auf die therapeutischen Beziehungen aus und macht die Legalprognose noch unsicherer.

Die im öffentlichen Dienst vorliegende Trennung zwischen Dienst- und Fachaufsicht ermöglicht fachliche Unabhängigkeit, die gerade in der psychotherapeutischen Arbeit als wesentlich betrachtet werden muss. Dieser Vorteil droht bei Privatisierung zu entfallen, denn auch wenn im privaten Bereich die Trennung zwischen Dienst- und Fachaufsicht theoretisch möglich ist, so läuft sie doch praktisch Gefahr, wirtschaftlichen Zwängen zum Opfer zu fallen. Die Verlagerung des institutionellen Auftrages entlang ökonomischer Interessen und das Zurücktreten der fachlichen Inhalte und ethischen Herausforderungen ist auch in diesem Kontext die wahrscheinliche Folge.

Grundsätzlich ist nicht vorhersehbar, ob überhaupt und wenn ja, welches Interesse ein privater Unternehmer an Heilung und Besserung der Untergebrachten haben könnte. Dem Recht des Untergebrachten auf Maßnahmen zur Resozialisierung und die Wahrung seiner Rechte als Patient kommt eine privatwirtschaftliche Struktur unseres Erachtens nicht entgegen. Die zusätzliche Einführung ökonomischer Interessen in diesen sehr schwierigen Bereich ist u.E. mit Risiken verbunden, die sich letztlich auch ökonomisch negativ auswirken würden. Eine Verbesserung der fachlichen Arbeit ist nicht zu erwarten. Möglicherweise vorhandene Rationalisierungspotenziale im Rahmen der Verwaltung ließen sich z.B. durch Organisationsentwicklung auch ohne Privatisierung heben.

Armin Traute
Hauptgeschäftsführer BDP

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Positionspapier
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