Brief an BMG: Stellungnahme zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten

Stellungnahme

Zum Referentenentwurf einer Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vom 6. Januar 2023 nehmen wir als Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen wie folgt Stellung.

Vorbemerkung

Verbesserungen nach der Novelle der Psychotherapeutenausbildung 2019 sind dringend nötig und werden vom BDP deshalb grundsätzlich begrüßt. Die Überarbeitung der Approbationsverordnung ist dabei ein wichtiger erster Schritt. Erheblich wichtiger ist jedoch die Nachbesserung am Psychotherapeutengesetz (PsychThG) selbst, die in die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers fällt. Insbesondere die unzureichende Entlohnung in der Weiterbildung nach altem Recht und das dringende und große Problem der unzureichenden Finanzierungsregelung für die ambulante und institutionalisierte Weiterbildung zur Fachpsychotherapeutin/zum Fachpsychotherapeuten bedürfen einer Verankerung in der gesetzlichen Regelung.

Zu Artikel 1 Absatz 1 im Referentenentwurf (Orientierungspraktikum)

Die vorgeschlagenen Veränderungen zum Orientierungspraktikum im Bachelorstudiengang in § 14 Absatz 3 PsychThApprO werden grundsätzlich begrüßt. Die im RefE vorgeschlagene Streichung würde die Studierbarkeit und damit die Umsetzung des Modells erleichtern. Zum einen beklagen viele unserer studentischen Mitglieder den Mangel an Praktikumsplätzen als erhebliches Nadelöhr. Zum anderen ist das Praktikum Bestandteil eines polyvalenten psychologischen Studiengangs; eine Öffnung des Orientierungspraktikums auf alle psychologischen Berufsfelder wäre daher folgerichtig und entspräche der Erkenntnis, dass viele Studierende im Rahmen ihres grundständigen Bachelorstudiums ihre beruflichen Pläne noch ändern (vgl. Adler, Götte, Thünker & Wimmer, 2018).

Wir schlagen daher ergänzend vor, § 14 Absatz 1 PsychThApprO wie folgt zu ändern:

„(1) Das Orientierungspraktikum dient dem Erwerb erster praktischer Erfahrungen in allgemeinen Bereichen der Psychologie. Den studierenden Personen sind erste Einblicke in die berufsethischen Prinzipien sowie in die institutionellen, rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen der jeweiligen psychologischen Tätigkeit zu gewähren.“

Infolgedessen würde es sich anbieten, § 14 Absatz 3 PsychThApprO vollständig zu streichen.

Verbesserung auch für weitere Studienpraktika

Im Master-Studiengang sind neben der Anleitung und Unterweisung durch Fachpsychotherapeutinnen und Fachpsychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -psychotherapeuten, auch einschlägig qualifizierte Klinische Psychologinnen und Psychologen (Jugendhilfe, Behindertenhilfe, Beratungsstellen, Rehabilitation, Palliativarbeit, Schulpsychologie), Neuropsychologinnen und Neuropsychologen sowie Psychologinnen und Psychologen aus dem Bereich der Rechtspsychologie (Gutachtenerstellung) zur Anleitung befähigt. All diese genuin psychologischen Berufsfelder überschneiden sich mit den Aufgaben von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gemäß PsychThAusRefG und erweitern den Erfahrungshorizont der Absolventinnen und Absolventen. Zu erwartende Engpässe bei den Praktika im Masterstudiengang könnten reduziert werden, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen.

Wir schlagen daher für § 18 Absatz 5 Satz 2 PsychThApprO folgende Fassung vor:

Die Anleitung der Studierenden nach Absatz 2 erfolgt durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit einer abgeschlossenen Weiterbildung oder durch Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychologische Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder einschlägig qualifizierte Klinische Psychologinnen und Psychologen (Jugendhilfe, Behindertenhilfe, Beratungsstellen, Rehabilitation, Palliativarbeit, Schulpsychologie), Neuropsychologinnen und Neuropsychologen sowie Rechtspsychologinnen und Rechtspsychologen (Gutachtenerstellung).

Zu Artikel 1 Absatz 3 im Referentenentwurf (Prüfungsinhalte Verfahren und Methoden)


Dass mit der vorgeschlagenen Formulierung darauf abgezielt wird, die systemische Psychotherapie gleichermaßen wie andere Richtlinienverfahren in der Prüfung zu berücksichtigen, ist richtig und wird begrüßt.
Allerdings sollte der Vorschlag begrifflich geschärft bzw. inhaltlich spezifiziert werden. Mit der Approbation nach dem Abschluss des Studiums ist nach bisherigem Verständnis der beruflichen Phasen noch nicht vorgesehen, dass in Richtlinienverfahren Fachkunden vorhanden sind, die zur praktischen Berufsausübung in den Verfahren führt. Im Unterschied zu den aktuell vier sozialrechtlich anerkannten Verfahren ist die Zahl der wissenschaftlich anerkannten Verfahren und Methoden höher. Der BDP sieht es prinzipiell als sehr sinnvoll an, dass Verfahrens- und Methodenvielfalt im Psychologiestudium eine große Rolle spielen und spricht sich dafür aus, alle wissenschaftlich anerkannten Verfahren und somit auch die zukünftigen mit zu prüfen. Im Hinblick auf die Klarheit der Prüfungsinhalte und Offenheit für Entwicklungen im Kontext der psychotherapeutischen Prüfung schlagen wir vor, sich auf den Terminus wissenschaftlich anerkannte Verfahren und die Anerkennungsinstanz wissenschaftlicher Beirat Psychotherapie zu begrenzen, ohne die Anzahl zu benennen.

Wir schlagen daher vor, in § 27 PsychThApprO nach Satz 1 den folgen Satz einzufügen:

„Gegenstand der psychotherapeutischen Prüfung sind auch die Grundlagen aller vom wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannten Verfahren.“


Ergänzende Hinweise für die weitere Entwicklung von Prüfungsbestandteilen zu Verfahren und Methoden

Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass im Rahmen der Vermittlung der in den Anlagen 1 und 2 festgelegten Inhalte zu Verfahren und Methoden Prüfungsleistungen in der hochschulischen Lehre erfolgen können bzw. müssen. In der Anlage 1 zu den Inhalten im Bachelor betrifft dies 5b, 7a sowohl im Kompetenz- als auch im folgenden Wissensaspekt. Überschneidungen in Wissens- und Kompetenzaspekten bestehen auch in der Anlage 2 über die Inhalte im Master bezüglich 3b, 3c und 3d sowie 7f. In diesen Anlagen lohnt es sich unseres Erachtens zu betrachten, ob weitere Themen und Prüfungsbestandteile, beispielsweise auch zu innovativen Verfahren und Methoden in kompetenzbasierten, also praxisorientierten Sinne Berücksichtigung finden können.

Zu Artikel 1 Abs. 4 im Referentenentwurf (Parcoursprüfung)

Der Vorschlag in drei Stationen anstelle von Schauspielerinnen und Schauspielern Videoaufzeichnungen zu verwenden, wird als sinnvolle Veränderung des hohen personellen Aufwands einer solchen Prüfung angesehen. Die Parcoursprüfung unterlag von Beginn an Zweifeln an der Umsetzbarkeit und Durchführbarkeit; die Änderungswünsche aus den Bundesländern überraschen daher nicht. Der BDP hält es für sinnvoll, die Entwicklung von kompetenz- und wissensbasierten Prüfungsteilen mit Evaluationen zu begleiten und ggf. weiter zu entwickeln.
Vor dem Hintergrund, dass in der RefE-Begründung explizit Frageformate wie Multiple-Choice für diesen Prüfungsteil ausgeschlossen werden, schlagen wir sogar vor, besser auch den Verordnungstext zu präzisieren: In Artikel 5 des Referentenentwurfs zum § 49 Absatz 1b Satz 2b sollen nach „…gezeigte Patientensituationen“ die Wörter „in offenen Fragen“ eingefügt werden.

Wir schlagen daher zum Artikel 5 im Referentenentwurf folgende Fassung für den § 49 Absatz 1b Satz 2b PsychThApprO vor:

„in ihnen werden situationsbezogene Reaktionen der Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten auf die gezeigte Patientensituation in offenen Fragen so abgefragt, dass sie einen Rückschluss auf die therapeutischen Kompetenzen der Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten ermöglichen, und“...

Anregungen des BDP zur weiteren Professionalisierung des Berufsprofils in der Approbationsordnung

Die Änderungsvorschläge für das Orientierungspraktikum veranlassen uns, ein grundsätzliches Problem des beschlossenen Profils anzusprechen und diesbezüglich eine Lösung vorzuschlagen. Nimmt man den Aspekt der Polyvalenz im Bachelorstudium ernst, erfordert dies die Bereitstellung von Kompetenzen, die für mehrere berufliche Profile gleichermaßen tragfähig sind.
Kern und Ziel der Approbationsordnung ist die Festlegung der Kompetenzen, die zur Ausübung des Berufes der Psychotherapeutin/des Psychotherapeuten erforderlich sein sollen. Die Psychologie ist dabei die Grundlagenwissenschaft der Psychotherapie, die insbesondere im Bachelorstudiengang intensiv vermittelt werden soll. Klinische Psychologie und Psychotherapie sind sensible Bereiche und erfordern solides Grundlagenwissen und hohe Methodenkompetenz.
Die in der Approbationsordnung vorgesehenen Leistungspunkte in den zentralen Grundlagenfächern entsprechen jedoch lediglich etwa der Hälfte der Summe, die für den Beruf Psychologin/Psychologe empfohlen wird. Sowohl deutsche Empfehlungen als auch das europäische Zertifikat EuroPsy, das den beruflichen Maßstab für die Psychologie in Europa darstellt, sehen für das professionelle Niveau Psychologin/Psychologe deutlich höhere Anteile in den Grundlagenfächern und eine deutlich höhere Summe in Psychologie vor.
Insofern sieht die aktuelle Regelung in der Approbationsordnung quasi vor, dass diesbezügliche vertiefte Kompetenzen erst durch den Rahmen eines Psychologiestudiums hinzutreten und so eine Art Zusatzqualifikation darstellen. Absolventen deutscher/europäischer Psychologiestudiengänge haben häufig eine intensivere, hochwertigere und gesicherte Grundlagenkompetenz, als in Deutschland gesetzlich für den Bereich der Psychotherapie festgelegt ist. Aus Sicht des BDP ist es daher notwendig, dass die im Gesetz vorgesehenen „schwachen Grundlagenfächer“ im Bachelor auf das Niveau von Psychologinnen und Psychologen gehoben werden.
Dies entspräche dann nicht nur eindeutig der Vorgabe „polyvalenter“ Bachelor und würde auch die erforderlichen psychologischen Basiskompetenzen im Profil der deutschen Studiengänge absichern, sondern auch bei der Anerkennung ausländischer Profile wirksam werden, die am Maßstab der 180 festgelegten Kreditpunkte und den diesbezüglichen Inhalten geprüft werden.

Der BDP schlägt daher zusätzlich die folgenden Änderungen vor.

1. In Anlage 1 Absatz 1 Satz 2 wird die Anzahl der Kreditpunkte auf insgesamt 48 erhöht und ein Mindestumfang von fünf Kreditpunkten je Fach festgelegt.

Anlage 1 Absatz 1 Satz 2 PsychThApprO erhält folgende Fassung:

„Zur Vermittlung der Inhalte der Grundlagen der Psychologie für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind bei der Planung der hochschulischen Lehre mindestens 48 ECTS Punkte vorzusehen und die folgenden Wissensbereiche mit mindestens fünf ECTS Punkten jeweils abzudecken:“

2. Ebenso werden in der aktuellen Fassung für die wissenschaftliche Methodenlehre – einschließlich des zusätzlichen Inhaltes Geschichte der Psychotherapie – 15 Kreditpunkte vorgesehen, während in den Empfehlungen für Psychologiestudiengänge in der Summe 24 Kreditpunkte für Statistik und Methoden vorgesehen sind. Das Verstehen von Studienergebnissen und ggf. spezifische zusätzliche Kompetenzen, um z. B. Versorgungsforschung oder Epidemiologie gut zu interpretieren, erfordern nach unserer Auffassung eine mindestens genauso hohe Methodenkompetenz, wie die der Psychologinnen und Psychologen. Wir schlagen daher vor, in Anlage 1 Absatz 9 Satz 2 die Anzahl der Kreditpunkte auf 24 zu erhöhen.

Anlage 1 Absatz 9 Satz 2 PsychThApprO erhält folgende Fassung:

„Zur Vermittlung der Inhalte der wissenschaftlichen Methodenlehre sind bei der Planung der hochschulischen Lehre mindestens 24 ECTS Punkte vorzusehen und die folgenden Wissensbereiche abzudecken:“

Kontakt
Susanne Berwanger, Vizepräsidentin des BDP und Vorsitzende der Sektion VPP im BDP e.V.
presse@bdp-verband.de

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