Diagnosen in den sozialen Medien - Fachliche Positionen

Eine zunehmende Anzahl von Journalisten-Anfragen hat jetzt dazu geführt, dass der BDP sich mit einem „Fachlichen Statement“ zum Thema „Diagnosen in den Sozialen Medien“ äußert

Bei den Auftritten vieler vermeintlich Helfenden in den Sozialen Medien geht es häufig in erster Linie um Selbstdarstellung und Werbung für ihre Dienste. Soll heißen: Die vermeintliche Information zu Gesundheit, Krankheit, Wohlbefinden u.v.m. dient oft nur als Mittel zum Zweck.

Kurze und unvollständige Gesundheitsinformationen zu Symptomen, Ursachen und Reaktionen können hilfreich sein – und ebenso großen Schaden anrichten. Die Diagnosen Trauma, Burn-out und ADHS zeigen beispielhaft, wie wichtig es ist, auch das Spektrum im Blick zu haben. Normale und (durchaus komplexe) hilfreiche Bewältigungsreaktionen von Personen sind zu unterscheiden von chronischen Formen mit Krankheitswert. Der ganze Überblick wird jedoch selten geliefert – „Einzelberatung“ ist nicht der Zweck von Informationen „aus der Gießkanne“, was für die Hilfesuchenden jedoch nicht erkennbar ist. Sie entnehmen den Informationen vermeintliche Diagnosen und Heilungs- bzw. Therapiehinweise – die Konsequenzen sind häufig unangemessene Sorgen und Ängste, unpassende Schlussfolgerungen und Zuschreibungen bis hin zu selbsterfüllenden Prophezeiungen. Menschen sehen in Krisen eigene Stärken, Ressourcen und Chancen kaum, der Fokus auf Belastungen, Probleme, Defizite macht sie empfänglich für Selbstdiagnosen. 

Digital vermittelte Gesundheitsinformationen hinzuzuziehen heißt auch, die Quelle der Daten selbst zu prüfen – wer gibt die Informationen heraus, welche Interessen können damit verbunden sein, wie seriös und vertraulich ist die Quelle und wie vollständig wird informiert? Wie sehr ist man auch geneigt, der Quelle aufgrund von subjektiver Ähnlichkeit zu glauben? Welche Wirkung entfaltet die häufige Wiederholung, Bestätigung und Ergänzung durch gleichartige Themenbeiträge. Gefragt ist also die individuelle Digitalkompetenz. An der es häufig hapert, wie aus Untersuchungen bekannt ist. 
Damit ist es noch nicht genug: Hinzu tritt der nicht vorhandene Datenschutz und mögliche verdachtsdiagnostische Einträge in netzbasierten Personenprofilen. 
Es bleibt bei dem Hinweis, zu Diagnosen, „Risiken und Nebenwirkungen“ das Fachpersonal der einschlägigen Profession zu befragen.

Thordis Bethlehem
Präsidentin 
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP)
 

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Kategorien:
Fachliche Positionen
Digitale Gesellschaft und Psychologie
Schlagworte:
Digitalisierung
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