Die Quadratur des Kreises ist gescheitert. Informationen zur zukünftigen Approbationsordnung als Ergänzung des Psychotherapeutengesetzes

Ein Kurzbericht zur Verbändeanhörung im Bundesministerium für Gesundheit am 19.11.2019

Von Seiten des Gesundheitsministeriums nahmen Frau Becker (Unterabteilung 42), Herr Suhr (Referat 314) und Herr Götz teil. Herr Suhr moderierte die Veranstaltung. Er ist verantwortlich für Grundsatzfragen zur Ausbildung und zum Berufszugang zu Heilberufen.

Zur Anhörung waren Vertreterinnen und Vertreter aus ca. 30 Verbänden eingeladen. Darunter auch der BDP. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) war in unterschiedlichen Funktionen mit gleich drei Personen vertreten und äußerte zum Start der Anhörung große Zufriedenheit und Zustimmung zum Referentenentwurf. 

Nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs waren die Verbände mit kurzer Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert worden. Die Vertreter des Ministeriums erklärten, die Zeit sei jedoch zu kurz gewesen, um die Stellungnahmen vor der Anhörung detailliert zu lesen. Der Wunsch des Ministeriums war eine paragraphenweise Diskussion des Entwurfs. Es sollte nur auf Formulierungsfehler hingewiesen und Ergänzungsvorschläge gemacht werden. Auch die Approbationsordnung sei unter großem Zeitdruck entstanden. Inhaltlich seien die Festlegungen in dem mittlerweile sowohl vom Bundestag als auch vom Bundesrat verabschiedeten Psychotherapeutengesetz schon getroffen. Dennoch nutzen die Verbändevertreterinnen und -vertreter die Anhörung, um auch weitergehende Kritikpunkte anzusprechen.  

Inhalte der Approbationsordnung

An dieser Stelle sei nur auf die Gliederung des Referentenentwurfs der Approbationsordnung hingewiesen. Der Text kann mit dem link im Anhang abgerufen werden.

  • Ziele des Studiums
  • Gliederung und Dauer des Studiums
  • Veranstaltungsarten im Studium
  • Berufspraktische Einsätze ergänzend zum Studium
  • Prüfungsbestimmungen
  • Erlaubnis zur Berufsausübung
  • Anerkennung ausländischer Abschlüsse

Wichtige Diskussionspunkte

Es folgen wesentliche kontrovers diskutierte Punkte aus Verbändesicht. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

Zur Approbation führt ein polyvalentes Bachelor-Studium, das nicht explizit als Psychologie-Studium bezeichnet wird. Ein auf Psychotherapie ausgerichtetes Master-Studium schließt sich an. Auch hier fehlt eine eindeutige Benennung, ob es sich um einen Master in Psychologie mit dem Schwerpunkt klinische Psychologie und Psychotherapie handelt. Die Regelstudienzeit soll fünf Jahre und drei Monate betragen. Die Staatsprüfung zur Erlangung der Approbation soll mit dem Abschluss des Master-Studiums absolviert werden. Sie soll über eine Prüfung von Wissen hinausgehen und praktische Elemente beinhalten.  

Dass der Begriff „polyvalent“ im Bachelor-Studiengang ins Gesetz aufgenommen wurde, sei auf eine Intervention der Bundesländer zurückzuführen, wie die Ministeriumsvertreterin zugestand. Mehrfach wurde angesprochen, dass zumindest eines der Praktika in einem Arbeitsfeld außerhalb der Psychotherapie absolviert werden solle. Hier gab die Vertreterin des Gesundheitsministeriums zu erkennen, dass dies möglicherweise noch aufgenommen würde. Kritisiert wurde, dass die praktischen Phasen vor der Approbation zu kurz seien und sichergestellt werden müsse, dass die Anleiter über die erforderliche Qualifikation und Berufserfahrung verfügen. Inhalte, die Kinder und Jugendliche betreffen, seien im Studium zu wenig vertreten.

Es wurde weiterhin moniert, dass der Zeitpunkt der Approbationsprüfung am Studienende verfrüht sei. Auf die Dominanz der Verhaltenstherapie an den Universitäten wird hingewiesen. Es sei nicht sichergestellt, dass die unterschiedlichen Therapieverfahren von Personen gelehrt werden, die über die jeweilige Fachkunde verfügen. Vertreter der DGPs bezeichneten dies als unrealistisch, auch mit Hinweis auf den Zeitdruck der angedachten Umsetzung des novellierten Gesetzes. Sie plädierten zu diesem und auch weiteren Kritikpunkten dafür, den Hochschulen nicht zu detaillierte Vorschriften zu machen. Schließlich wurde die knappe Vorbereitungszeit bis zum Start der veränderten Ausbildung im zweiten Halbjahr 2020 ins Feld geführt.   

Eine ebenfalls eingeladene Studierendenvertreterin wies unterstützt durch eine PiA-Vertreterin darauf hin, dass ein polyvalenter Bachelor-Studiengang positiv zu bewerten sei, der in der Psychologie angesiedelt sei. Die Überfrachtung des Studiums könne jedoch zu einer ungewollten Verlängerung der Studiendauer führen. Eine umfassende Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen wird kritisch gesehen, sollte diese eingeführt werden. Eine direkt nach dem Studium angesiedelte Prüfung zur Erlangung der Approbation wurde mit der Begründung begrüßt, dass damit eine Bezahlung der Weiterbildung erreicht werden könne. Qualitätsgesichtspunkte treten (aus Sicht der Studierenden) dahinter zurück. Als Wunsch wurde formuliert, ein anderes Auswahlverfahren als den Numerus clausus für den Zugang zum Studiengang einzuführen. Zumindest ein Praktikum im Studium solle bezahlt werden (durch eine „Aufwandsentschädigung“).

Im Laufe der Diskussion meldeten sich vermehrt Verbändevertreterinnen und -vertreter zu Wort, die eine Reduktion der psychologischen Studieninhalte wünschten, um medizinische, pädagogische, und gesellschaftswissenschaftliche Inhalte im Studiengang auszuweiten. Da das Studienprogramm durch die Festlegungen in der Approbationsordnung nur eingeschränkt modifizierbar ist, sollen für diese Veränderungen die psychologischen Studieninhalte reduziert werden. Am deutlichsten äußerte sich der Vertreter der DGPPN, der einen interfakultären Studiengang vorschlug.

Im Entwurf der Approbationsordnung wird die geplante Staatsprüfung zur Erteilung der Approbation im Detail beschrieben. So sollen „Schauspielpatientinnen/-patienten“ eingesetzt werden, die verschiedene Krankheiten simulieren. Es wird davon ausgegangen, dass Erwachsene sogar Erkrankungen von Kindern simulieren könnten, da es nicht möglich/vertretbar sei, Kinder einzusetzen.

Von den Verantwortlichen im Bundesministerium für Gesundheit wurde mehrfach erwähnt, dass noch unklar sei, wie die mit der Novellierung verbundenen Kosten finanziert werden sollen. Hierzu fänden Gespräche mit den Bundesländern statt; deren Ausgang sei offen.

Fazit

Die Kritikpunkte des BDP konnten von der Vertreterin/den Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit nicht entkräftet werden. Auffällig häufig wurde der Zeitdruck, unter dem der Entwurf entstanden sei, als Entschuldigung genannt, was angesichts der Tragweite des Gesetzes und der Approbationsordnung absolut inakzeptabel erscheint.

Im Gesetz wird von einem polyvalenten Bachelor gesprochen. Es fehlt jedoch das explizite Bekenntnis, dass sich die Polyvalenz auf die Psychologie bezieht. Diese Mehrdeutigkeit im Gesetz wird auch in der Approbationsordnung nicht geklärt und eröffnet ein Feld für fatale Interpretationen. Vergleichbares gilt auch für die Berufsbezeichnung. Die Bezeichnung „Fachpsychotherapeutin“ / Fachpsychotherapeut“ erzeugt Intransparenz für die Patientinnen und Patienten. Die sinnvolle Abgrenzung zur ärztlichen Psychotherapie wird aufgehoben.

Das Studium soll in Theorie und Praxis die im psychotherapeutischen Berufsfeld notwendigen Kompetenzen vermitteln. Eine fundierte psychologische und methodische Basis fehlt. Anderseits ist die Gefahr einer Überfrachtung mit Inhalten anderer Disziplinen groß. Eine Klärung, welche Teile des Studiums möglicherweise auch in der sich anschließenden fünfjährigen Weiterbildung angesiedelt werden könnten, ist nach wie vor offen. Beispielsweise soll eine Lehrveranstaltung im geringen Umfang von 2 Kreditpunkten (ECTS) ausreichen, um die Studierenden zu qualifizieren, Leitungsaufgaben zu übernehmen, was als völlig praxisfern ist. Auch fehlen Studieninhalte im ausreichenden Umfang, um die Absolventinnen und Absolventen zu befähigen, in den angedachten psychologischen Berufsfeldern außerhalb der Heilkunde tätig zu werden.

Eine Approbation direkt mit Abschluss des Studiums ist in ihrer Qualität mit der bisherigen Approbation nicht vergleichbar, was wissentlich in Kauf genommen wird. Ob die geplante, sehr aufwändige Staatsprüfung („Parcoursprüfung“) zur Erteilung der Approbation praktikabel und valide sein wird, ist noch völlig ungeklärt. Diese Prüfungsart wird jedoch als erstrebenswertes Novum verklärt und soll erst evaluiert werden, wenn sie schon flächendeckend eingeführt wurde.

Es wurde deutlich, dass die Finanzierungsfragen noch nicht abschließend geklärt sind. Obwohl wesentliche Schwachpunkte klar erkannt und benannt worden sind, soll das novellierte Gesetz in Kürze wirksam werden.

Von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit wurde angekündigt, dass eine Anhörung von Vertreterinnen und -vertretern der Bundesländer primär aus den Gesundheits- und Wissenschaftsministerien für den 20.11.2019 angesetzt wurde.

Die finale Version der Approbationsordnung soll dem Bundesrat am 14.02.2020 vorgelegt werden und das novellierte Psychotherapeutengesetz soll am 01.09.2020 in Kraft treten.

Michael Krämer

Der Referentenentwurf der Approbationsordnung und die Stellungnahme des BDP sind nachzulesen unter:

www.bdp-verband.de/binaries/content/assets/beruf/berufspolitik/psychthg/17102019refentwurfpsychthappro.pdf

www.bdp-verband.de/publikationen/politische-positionen/2019/stellungnahme-zum-referentenentwurf-einer-approbationsordnung.html

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