Der BDP-Bericht 2024
Psychologische Perspektiven im Klimawandel: Strategien und Konzepte

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Der BDP-Bericht 2024 ist da, und nimmt – rechtzeitig zur COP29 UN-Klimakonferenz 2024 im November in Baku – die zentrale Rolle der Psychologie bei der Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen in den Fokus.

Selbst vor dem Hintergrund eines voranschreitenden Klimawandels mit immer spür- und sichtbareren Folgen werden politische Prozesse immer wieder von massiven Interessenkonflikten bestimmt. Auch in der Bevölkerung ist der Klimawandel nicht überall angekommen. Um in Deutschland die notwendige Transformation zu ermöglichen, braucht es rasches und entschiedenes Handeln.

Als Präsidentin des BDP freue ich mich, mit dem BDP-Bericht eine Fülle an Anregungen und Handlungsempfehlungen aus unserer Profession vorlegen zu dürfen. Denn die psychologische Perspektive ist unverzichtbar, um die Herausforderungen des Klimawandels anzugehen und langfristige Veränderungen anzustoßen.


Autor*innen im Interview

Der BDP-Bericht fokussiert die relevanten Themen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und beleuchtet die Rolle der Psychologie und was sie auf gesellschaftlicher und politischer Ebene bei der Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen leisten kann.

Wie können wir Menschen erreichen und Verhaltensänderungen anstoßen? Wieviel Verantwortung tragen Einzelne und wo ist die Politik gefragt? Wie kann eine positive Klimakommunikation aussehen, die durch positive, wertschätzende Gespräche Mut macht und Orientierung gibt? Wir haben mit einigen der Autor*innen über die Themen und Inhalte des Berichts gesprochen.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Politisches Vorwort

In ihrem Grußwort betont Frau Dr. Kappert-Gonther, die auch im BDP-Bericht mit einem politischen Vorwort vertreten ist, die Bedeutung der Aktivitäten der Psychologie für den Klimaschutz und die seelische Gesundheit der Bevölkerung sowie insgesamt für die Demokratie und Gemeinsamkeit.

Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Stellv. Vorsitzende Gesundheitsausschuss

Inhalte und Empfehlungen des Berichts

Im BDP-Bericht 2024 wird eines der größten Themen unserer Zeit, der Umgang mit dem Klimawandel und seinen Folgen aufgegriffen. In fünf Kapiteln und nachfolgenden Empfehlungen werden die wissenschaftlichen und konzeptionellen Beiträge der Psychologie zum Thema dargestellt. Neben einführenden Statements und Positionen zum Klimawandel und zum Gesundheits- und Bevölkerungsschutz widmen sich die folgenden Kapitel konzeptionellen Grundlagen, Aufgaben und Herausforderungen. Dies sowohl bezogen auf die Anwendungsfelder der Psychologie als auch für die nationalen, europäischen und internationalen Vereinigungen.

In den Beiträgen im Kapitel Grundlagen werden zunächst psychische Mechanismen wie Bagatellisierung, Skepsis und Widerstand etc. und deren Überwindung erläutert. Anschließend werden Vorgehensweisen in der Kommunikation und solche für den Aufbau von Klimaresilienz in einem umfassenden Verständnis dargestellt. Verbreitete Belastungen und psychische Reaktionen auf den Klimawandel im Kontext "eco-anxiety" ("Klima Angst") bzw. "eco-emotions" werden begrifflich und fachlich eingeordnet und ein adäquater Umgang damit diskutiert.

In weiteren Beiträgen wird ebenso für das Ergreifen von Maßnahmen im eigenen Bereich, also innerhalb der Berufsgruppe der Psychologinnen/Psychologen und Pychotherapeutinnen/Psychotherapeuten plädiert. In größerem Umfang trifft diese (Selbst-) Aufforderung auch auf die europäischen und internationalen Netzwerke der Psychlog*innenvereinigungen und auf interdisziplinäre Kooperation zu.

Die Beiträge der internationalen Psychologenvereinigung Global Psychology Alliance, (GPA) und der Europäischen Vereinigung der Psychologenverbände (EFPA) zu Konzepten und Maßnahmen bilden im Bericht den breiteren Rahmen für nachhaltige gemeinsame Aktivitäten. Zentrale Punkte in den Positionen der Vereinigungen sind die Fokussierung auf Nachhaltigkeit und auf nachhaltige Transformationen und dabei auf kollektive Wirksamkeit. Gemeinschaftsbasierte Aktivitäten zur Förderung von Klimafreundlichkeit sowohl im gesellschaftlichen Raum als auch in Organisationen und eine effektivere Kommunikation zum Klimawandel werden dringend empfohlen. In diesem Zusammenhang wird im Bericht die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und Zukunft gefordert, Schulen als Nachhaltigkeitszentren mit entsprechendem Bildungskonzept. Bildungsprogramme und die Bewusstseinsbildung zu klimafreundlichem Verhalten sind in vielen Bereichen sinnvoll und nötig, ebenso wie die Schaffung psychologischer Unterstützungssysteme und die Förderung von Gemeinschaftsengagement.

Die Sektoren Forschung und Bildung sind gefordert, weitere Beiträge zu diesem wichtigen Themenbereich zu leisten, Gerechtigkeitsaspekte und die Vulnerabilität einzelner Gruppen sind bei den Konzepten mit zu denken. Dabei ist insbesondere die Beteiligung von Kindern und die Berücksichtigung von auf die Zukunft bezogenen Gerechtigkeitsaspekten zu berücksichtigen, auch und insbesondere im Hinblick auf die Förderung von Kinderrechten. Diese und weitere Inhalte erwarten Sie in dem diesjährigen Bericht des BDP, der mit Empfehlungen abgerundet wird. Unter den jeweiligen Beiträgen haben die Autor*innen Empfehlungen eingestellt, die bei den BDP-Empfehlungen berücksichtigt wurden. Weiter unten finden Sie eine kleine Auswahl der BDP- Empfehlungen.

Wir möchten Ihnen die BDP-Empfehlungen am Ende des Berichtes und zusätzlich die einzelnen, teilweise detaillierten Empfehlungen unter den Beiträgen der Autorinnen ans Herz legen. Zudem bitten wir alle Menschen eindringlich, eine Umsetzung einzelner oder mehrerer Empfehlungen bzw. den Ausbau klimafreundlicher Aktivitäten im Rahmen ihrer Möglichkeiten ernsthaft zu prüfen.


Auswahl aus den Empfehlungen im Bericht

  • Die Entwicklung eines umfassenden Klimabewusstseins in der Bevölkerung ist dringend erforderlich, insbesondere durch die Entwicklung einer realitätsnahen Risikowahrnehmung und einer höheren Achtung ökologischer sowie sozialer Werte und den Ausbau des Wissens über wirksames Handeln. 
     
  • Zentrale Aufgabe ist die Stärkung der Handlungskompetenzen für eine ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige Entwicklung von Individuen, Gruppen und Organisationen. Eine breitere Anwendung psychologischer Grundlagen trägt dazu bei, Gemeinschaften zu stärken, das öffentliche Engagement für Umweltmaßnahmen zu fördern und eine nachhaltige Politikentwicklung zu unterstützen.
     
  • Es muss ein nationaler Plan entwickelt werden, wie mittelfristig die Resilienz der Menschen so verbessert werden kann, dass sie angemessen und möglichst produktiv mit den Stressbelastungen durch den Klimawandel umgehen können. Dieser nationale Resilienzplan muss alle gesellschaftlichen Strukturen (Politik, Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen, Infrastruktur usw.) und psychologische Expertise einbeziehen.
     
  • Der Schutz der Kinderrechte und die Bewältigung des Klimawandels erfordern ein kollektiv getragenes und interdisziplinäres Vorgehen. Die Bildung eines „Zukunftsrats“ könnte als Plattform Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen bündeln und konzeptuell sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche so ausgebildet und gefördert werden, dass sie in der Lage sind, in guter Gesundheit, Teilhabe und Selbstbestimmung Verantwortung auch für kommende Generationen zu übernehmen.
     
  • Die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems für einen adäquateren Umgang mit bereits vorhandenen und drohenden Auswirkungen auf die körperliche und psychische Unversehrtheit ist geboten. Dies sollte auf der Basis einer wissenschaftlichen Erfassung und Einordnung psychologischer und sozialer Auswirkungen der Klimakrise erfolgen. 
  • Weitere Empfehlungen

    • Die Psychologie muss sich in gemeinschaftsbasierten Aktionen einbringen und Entscheidungsträger*innen sowie Vorstände und Aufsichtsräte ansprechen, die in der Lage sind, transformative, groß angelegte Umweltreformen effizient umzusetzen. 
       
    • Ein breites, ganzheitliches Verständnis von Resilienz bildet die Notwendigkeit von Anstrengungen sowohl auf der individuellen und den kleineren kollektiven Ebenen (politische Gruppen, Betriebe, Behörden etc.) als auch auf den größeren gesellschaftlichen Ebenen ab. 
       
    • Kollektive Wirksamkeit ist ein Schlüsselfaktor bei Umweltschutzaktionen, da sie das Handeln der Einzelnen beeinflusst und den Glauben an einen gemeinschaftlich getragenen Wandel stärkt. Gemeinsame Erfahrungen und Gruppennormen sind bei der Förderung von Verhaltensänderungen wirkungsvoller als bloße Informationen oder Überzeugungsarbeit und als Ansatz zu präferieren.
       
    • Der Aufbau systemischer Resilienz (beispielsweise über die Entwicklung und Implementierung von Handlungsplänen für Institutionen und Administrationen) ist zusammen mit der Stärkung individueller Resilienz zu verfolgen.
       
    • Politik und Entscheider*innen sollten bei ihren Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise die Bedürfnisse und die Vulnerabilität unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen berücksichtigen. Es ist wichtig, gerechte Lösungen zu entwickeln, die diejenigen unterstützen, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind.
       
    • Zur wirksamen Bekämpfung des Klimawandels sollte der Schwerpunkt innerhalb von Gemeinden bzw. Gemeinschaften und auf umweltfreundliches Verhalten mit hoher Wirksamkeit gelegt werden.
       
    • Wirksame Kommunikation erfordert mehr als nur die Übermittlung von Informationen und umfasst u. a. Ansprache, strategische Botschaften und plastische Beispiele für nachhaltiges Verhalten. 
       
    • Der Umgang mit direkten und indirekten Auswirkungen auf die psychische Gesundheit erfordert die Anerkennung der Unterschiedlichkeit betroffener Gruppen und die Förderung von Resilienz sowohl des Einzelnen als auch der Gemeinschaft, um eine wirksame Anpassung an klimabedingte Stressfaktoren zu ermöglichen.
       
    • Resilienzbildung ist wie Nachhaltigkeitsbildung im Bildungssystem weitgehend zu etablieren. Für schulische Bildung stellen sie bedeutsame Aufgaben und kein „Add-on“ dar. Im besten und wirksamsten Falle sind beide Säulen in Schulen und anderen Bildungsinstitutionen immanente Zielsetzungen und bilden gemeinsam die Grundlagen.
       
    • Bildungsprogramme zum Umgang mit dem Klimawandel und zur Förderung von Klimabewusstsein müssen die Bedeutung sozialer Gruppennormen strukturell beachten und auf die Überzeugung der Entscheider*innen und Leitungspersonen auf der Ebene von Gemeinschaften und Gruppen als Vertreter*innen des Wandels abzielen. 

BDP-Bericht 2024

Psychologische Perspektiven im Klimawandel: Strategien und Konzepte

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