Eckpunkte für eine gesetzliche Verankerung der Suizidprävention
Offener Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages
1.6.2022: An die Abgeordneten des Deutschen Bundestages
Die Organisationen und Fachgesellschaften der Suizidprävention sowie der Hospizarbeit und Palliativversorgung fordern eine umfassende gesetzliche Verankerung der Suizidprävention im Rahmen eines Suizidpräventionsgesetzes in Verbindung mit dem weiteren Ausbau der Hospizarbeit und Palliativversorgung.
Im Bundestag werden derzeit Gesetzesentwürfe eingebracht und diskutiert, welche die Unterstützung beim Suizid regulieren sollen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum § 217 StGB imJahr 2020 sehen wir es als Aufgabe des Gesetzgebers an, vor allem ein Schutzkonzept für Menschen mit Suizidgedanken zu entwickeln und für die Umsetzung des Konzepts zu sorgen. Die Hilfe zur Unterstützung in suizidalen Krisen und die Angebote der Hospizarbeit und Palliativversorgung müssen leichter zugänglich sein als die Hilfe zur Selbsttötung.
Die Hilfen zur Suizidprävention müssen vorrangig sein, und zwar unabhängig von der Art der zugrundeliegenden Problemlage oder Erkrankung. Dies betrifft die gesamte Lebensspanne von der Kindheit bis ins hohe Lebensalter. Darüber hinaus ist aus unserer Sicht bedeutsam, dass keine Person oder Organisation/Einrichtung dazu verpflichtet werden darf, suizidale Handlungen zu fördern oder daran mitzuwirken.
Vor diesem Hintergrund fordern wir die Stärkung aller suizidpräventiven Strukturen und deren auskömmliche Finanzierung in Deutschland. Die Suizidprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in verschiedenen Bereichen wie Schule, Ausbildung, Arbeitsplatz, Medien, Familien und vielen anderen mehr. Diese kann nur ressortübergreifend wahrgenommen werden.
Damit jeder Mensch, der in einer suizidalen Krise Hilfe sucht, auch Hilfe findet, sind die Rahmenbedingungen in einem Suizidpräventionsgesetz zu regeln, denn jeder Mensch hat einen Anspruch auf entsprechende Hilfe und Unterstützung.
Dies bedeutet im Besonderen:
- die Einrichtung einer bundesweiten Informations-, Beratungs- und Koordinationsstelle zur Suizidprävention
- mit einer bundeseinheitlichen kostenlosen Rufnummer und Webseite
- für Betroffene, Angehörige, Hinterbliebene, nahestehende Personen und Helferinnen und Helfer
- mit einem Verzeichnis aller Hilfsangebote in Deutschland
- Finanzierung des Nationalen Suizidpräventionsprogramms und regionaler Netzwerke
- Finanzierung bestehender und auszubauender qualifizierter suizid-präventiver Angebote mit niedrigschwelligem Zugang
- Ausbau bestehender palliativer und hospizlicher Angebote sowie Trauerbegleitungsangebote
- eine nachhaltige Unterstützung für Hinterbliebene nach Suizid und Angehörige von suizidalen Menschen
- einen rechtlichen Anspruch auf kostenfreie Beratung (ohne Diagnose)
- die Verbreitung von Informationen über die Hilfen in suizidalen Krisen und die Möglichkeiten der Hospizarbeit und Palliativversorgung, ein Sterben in Würde zugestalten
- die Förderung der Forschung zu Suizidalität und Suizidprävention
- eine Verankerung von Suizidalität und Suizidprävention als Pflichtthema in Aus-, Fort- und Weiterbildung
- die Berücksichtigung suizidpräventiver Aspekte über den Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens hinaus z.B. beim Baurecht.
Für weitere detaillierte Informationen zu diesen Themen stehen Ihnen die vier verantwortlichen
Organisationen zur Verfügung.
Nationales Suizidpräventionsprogramm | Deutscher Hospiz-undPalliativ Verband |
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention Frau Ute Lewitzka Tel.: 0351/4583671 Mail: dgs.gf@suizidprophylaxe.de | DeutscheGesellschaft für Palliativmedizin Herr Heiner Melching, Geschäftsführer Tel.: 030/30101000 Mail: DGP@palliativmedizin.de |
Diese Eckpunkte und Forderungen werden unterstützt durch:
Alexianer GmbH
Angehörige um Suizid (AGUS) e.V.
Berufsverband Deutscher Anästhesisten (BDA) e.V.
Berufsverband DeutscherPsychologinnen und Psychologen (BDP) e.V.
Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (BKJPP) e.V.
Bundesapothekerkammer
Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) e.V.
Bundesärztekammer
Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) e.V.
Bundesverband Trauerbegleitung (BVT) e.V.
Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) e.V.
Deutsche Akademie für Suizidprävention (DASP) e.V.
Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (DAGSHG)e.V.
Deutsche DepressionsLiga e.V.
Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen (DGBS) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie(DGMP) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) e.V.
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT)e.V.
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) e.V.
Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol)
Deutsche Vereinigung für Sozialarbeit im Gesundheitswesen (DVSG)e.V.
Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) e.V.
Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) e.V.
Deutscher Caritasverbande.V.
Deutscher Pflegerat (DPR) e.V.
Deutscher Verband Ergotherapie (DVE) e.V.
Diakonie Deutschland - Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit in der EKD (EAfA)
Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP) e.V.
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
Malteser Hilfsdienst e.V.
Marienhaus Stiftung
Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)
Weitere Informationen: Offener Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages vom 3.7.2023 "Ein Suizidpräventionsgesetz ist noch in dieser Legislaturperiode notwendig!"