PM: Opfer brauchen keine Debatten um Zuständigkeit

BDP begrüßt ersten Schritt zur Professionalisierung der Versorgung nach Extremereignissen

Notfallpsychologen sind immer dann gefragt, wenn sich eine Katastrophe, ein Zugunglück, ein schwerer Unfall, eine Geiselnahme oder ein Terrorakt ereignet hat. In einem Team von Feuerwehrleuten, Ärzten und Seelsorgern spielen sie mit ihren besonderen diagnostischen Kompetenzen eine wichtige Rolle. Von der Qualität der Arbeit dieser Teams kann es abhängen, ob bzw. wie viele Menschen – Betroffene, Angehörige und Helfer - nach einem solchen Ereignis normal weiterleben können oder ob Gefährdungen erkannt und zeitnah behandelt werden.
Dazu ist eine klare Regelung der Zuständigkeiten, Hierarchien und Vergütung notwendig. Wer hat an einem Katastrophenort abhängig vom Ausmaß des Ereignisses das Sagen, wo endet wessen Verantwortung, wo liegt die Grenze zwischen seelsorgerischem Tun und notfallpsychologischem Handeln, wo die zwischen Notfallpsychologie und Psychotraumatologie? Selbst wer noch nie von einem der genannten Extremereignisse betroffen war, kann unschwer ermessen, wie wichtig die grundsätzliche Klärung eines gestuften Vorgehens lange vor dem Ereignis ist, wird die Zeit vor Ort doch zur Hilfe benötigt und nicht für Debatten unter den Helfern.
Um diese Klärung unter den beteiligten Berufsgruppen und Organisationen bemüht sich seit längerer Zeit das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK). Nach zahlreichen Treffen, in denen es um ein gemeinsames Verständnis der Helfer von der sozialen, psychologischen und psychotraumatherapeutischen Versorgung ging, ist am 10. November 2008 ein Papier verabschiedet worden, in dem Übereinstimmungen und Differenzen zunächst festgehalten wurden. Auf dieser Basis soll nun in Arbeitsgruppen weiter verhandelt werden. Zudem wurden zehn Leitlinien formuliert und ein Rechtsgutachen in Auftrag gegeben.

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) sieht seine Verantwortung in diesem Prozess darin, für eine fehlerarme Anwendung wissenschaftlich fundierter psychologischer Konzepte und Methoden zu werben und damit die Qualität der Notfallversorgung an das Niveau anderer europäischer Länder heranzuführen. Während die medizinisch notwendige Diagnostik unstrittig ist, Ärzte also ganz selbstverständlich Betroffene anschauen und entscheiden dürfen, wie diese weiter zu versorgen sind (im Krankenhaus oder ambulant z.B.), ob ein Transport in eine Spezialklinik per Hubschrauber nötig ist oder eine Fahrt mit dem Rettungsfahrzeug der Feuerwehr, ist psychologische Diagnostik in die Ablaufkette der Notfallversorgung noch nicht adäquat integriert. Der BDP begrüßt die Verabschiedung des Abschlusspapiers und wünscht sich – wie es in einer Stellungnahme des Verbandes heißt, eine „aktive Beteiligung der Entscheidungsträger beim Aufbau kooperativer Strukturen zum Wohle der Betroffenen“.
Dass dies gelingen kann, haben BDP und Malteser Hilfsdienst (MHD), die seit 2006 auf vertraglicher Grundlage kooperieren, inzwischen bei der Ausbildung von Helfern und in der Praxis - u.a. bei der Tsunami-Katastrophe - bewiesen. Darüber hinaus engagiert sich der Verband in der Europäischen Föderation Psychologischer Berufsverbände (EFPA), um eine unmittelbare Mobilisierungsfähigkeit in Großschadenslagen auch grenzüberschreitend gewährleisten zu können. Der Europarat hatte sich mit einem entsprechenden Anliegen an die EFPA gewandt. Der BDP hofft, dass die zum Teil schwerfällig ablaufenden Prozesse im nationalen Rahmen durch solche auf internationaler Ebene bestehenden Anforderungen einen zusätzlichen Anstoß erhalten.

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