PM: Pauschale Gutachterschelte hilft niemandem
BDP nimmt Stellung zur Qualitätssicherung bei gerichtlichen Gutachten
Aufgrund mehrerer Anfragen von Redaktionen und zum Teil irreführenden Veröffentlichungen nimmt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) zur Qualitätssicherung bei gerichtlichen Gutachten Stellung. Der Verband ist auf diesem Gebiet seit Jahren aktiv. Er teilt das Anliegen sowohl der Öffentlichkeit als auch insbesondere von Betroffenen, dass Gutachten mit großer Kompetenz und Berufserfahrung erstellt und dabei Verfahren eingesetzt werden, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Der BDP widerspricht der Darstellung zum Beispiel in der „Süddeutschen Zeitung“, wonach jeder Beliebige mit und ohne Qualifikation in Deutschland Gutachten erstellen dürfe. „Sich anbieten kann in der Tat jeder“, so der Vorsitzende der Sektion Rechtspsychologie, Prof. Dr. Denis Köhler, allerdings sollte er dazu Unterlagen über seine Qualifikation und Berufserfahrung einreichen und wird vom Gericht dann entweder auf die Gutachterliste des jeweiligen Gerichts gesetzt oder nicht.“ Unter den Kandidaten wie unter denen, die schließlich auf den Listen landen, seien bei weitem nicht nur Psychologen, sondern vor allem auch Ärzte, Pädagogen oder Sozialarbeiter oder sogar Heilpraktiker.
Für die Auswahl eines kompetenten rechtspsychologischen Sachverständigen hat der BDP ein Register zertifizierter Rechtspsychologen online gestellt. Alle Gerichte können auf dieses besonders qualifizierte Reservoir zugreifen. Sie sind zudem gehalten, fallbezogen die Sachkunde eines Gutachters zu prüfen. „Sie müssen es halt nur tun“, sagt Köhler.
Die Darstellung einzelner Fälle, in denen Menschen durch unsachgemäße Gutachten unendliches Leid zugefügt worden sei, erwecke in der Öffentlichkeit den falschen Eindruck, dass reihenweise unqualifizierte rechtspsychologische Gutachter berufen würden, die dann auch noch mehrheitlich Verfahren einsetzten, die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht standhalten. „Dem ist nicht so“, betont der Sektionsvorsitzende, „auch wenn ich nicht ausschließen kann das Gerichte bisweilen schlechte oder ungeeignete Gutachter bestellen.“
Damit dies immer seltener geschieht, bietet der Verband Psychologen die Chance, sich zum Fachpsychologen für Rechtspsychologie weiterzubilden. Es gibt auch Weiterbildungsmöglichkeiten für Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Richter auf diesem Gebiet. „Sehr gerne beteiligt sich die Sektion Rechtspsychologie an einem Qualifizierungsangebot für Juristen, um ihnen eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl sachkundiger Gutachter zu geben.“
Für die Qualitätssicherung bei gerichtlichen Gutachten hat die Föderation Deutscher Psychologenverbände bereits 1987 Richtlinien zur Erstellung von Gutachten erarbeitet. Sie sind eingebettet in die allgemeinen Ethischen Richtlinien der Föderation, in denen Grundsätze wie beispielsweise größtmögliche Sorgfalt und wissenschaftliche Fundierung gefordert werden. Gutachter haben danach die Aufgabe, spezielle Qualitätsanforderungen in ihrem Bereich (z.B. Familienrecht oder Strafrecht) zu erfüllen und sich fachlich auf dem aktuellen Wissensstand zu halten. Psychologen sind aufgefordert, nur die Dienstleistungen zu erbringen, für die sie kompetent sind. „Die Ausbildung zum Rechtspsychologen sichert diese Kompetenz in besonderem Maße“, betont Köhler, „sie könne sich aber auch durch andere kontinuierliche Fortbildungen, akademische Abschlüsse (z.B. Master of Science in Psychology and Law) sowie Berufserfahrung in bestimmten Arbeitsfeldern, wie z.B. bei der Jugendhilfe, psychiatrischen Kliniken oder im Straf- und Maßregelvollzug, entwickeln“.
Als Berufsverband der Psychologen und damit eines Freien Berufes unterstreicht der BDP die primäre Eigenverantwortung des Berufsstandes für die Qualitätssicherung und die kontinuierliche fachliche Fortbildung. Beschwerden über mangelnde Qualität oder andere Verstöße werden von einem Schieds- und Ehrengericht des Verbandes im Rahmen seiner Zuständigkeit bearbeitet. „Dazu benötigen wir keine Kammer für rechtspsychologische Gutachter, keinen politischen Druck und keine strengeren Kriterien“, erklärt Köhler.