PM: Bildung braucht gesunde Lehrer
BDP-Präsidentin fordert Reformen auf der Basis gesicherter Erkenntnisse
Schulpsychologen setzen sich ein für neue Arbeitszeitmodelle, kleinere Klassen und bessere Arbeitsbedingungen
In Stuttgart beginnt heute der 18. Bundeskongress für Schulpsychologie. Der alle zwei Jahre stattfindende BUKO steht unter der Überschrift "Gute Schule - gesunde Schule, Beiträge zur Lehrergesundheit". In seinem Grußwort an die Teilnehmer - über 300 Schulpsychologen aus Deutschland sowie international renommierte Experten - hat Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster die Bedeutung schulpsychologischer Unterstützung für Schulen und Lehrer betont. "Nur wenn sich Lehrkräfte physisch und psychisch gesund fühlen, können sie ihre Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler voll einsetzen", so Schuster. Aktuelle Studien zeigen, dass dies für viele Lehrer in Deutschland nicht zutrifft.
Anlässlich des Kongresses hat die Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Psychologen, Carola Brücher-Albers, mehr als fünf Jahrzehnte schulpsychologischer Arbeit gewürdigt. Besonders in den letzten Jahren sei deutlich geworden, dass Schulpsychologie zwar häufig bei besonderen Notsituationen in den Medien zum Thema wird, sich aber durchaus nicht im "Reparaturbetrieb" erschöpft. Die Politik neige leider dazu, auf einen Amoklauf und ähnliche Krisen eher mit der Bewilligung zusätzlicher Schulpsychologen-Stellen zu reagieren, als die permanente Unterversorgung endlich systematisch abzubauen. So begrüßt der BDP zwar die zusätzlich in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg geschaffenen Stellen, sieht mit Sorge aber die Stagnation bzw. sogar Rückschritte in anderen Bundesländern wie Niedersachsen.
Arbeits- und Organisationspsychologie, Entwicklungs-, Sozial- und Bildungspsychologie, sagt Brücher-Albers, hielten eine Fülle gesicherter Erkenntnisse für die konstruktive Gestaltung von Lebenswelten bereit. Davon könnten Schulleiter, Lehrer, Eltern und Schüler im Sinne einer gesunden Schule noch mehr profitieren, wenn es genug Schulpsychologen gäbe. "Es ist nicht hinnehmbar, wenn wichtige fachliche Aufgaben ehrenamtlichen Freiwilligen oder Fachfremden überlassen werden", so Brücher-Albers an die Adresse der Länder, die aus Kostengründen in den vergangenen Jahren den schulpsychologischen Dienst nicht entwickelt und mindestens an das europäische Durchschnittsniveau herangeführt haben.
Stefan Drewes, Vorsitzender der Sektion Schulpsychologie im BDP, nennt darüber hinaus sehr konkrete Punkte, an denen die Arbeitsbedingungen von Lehrern unverzüglich verbessert werden müssen. "Wir brauchen neue Arbeitszeitmodelle, Lärmschutz in Klassenräumen, vor allem in älteren Gebäuden, kleinere Klassenstärken und einen Arbeitsplatz, der diese Bezeichnung verdient, für jeden Lehrer." Drewes möchte die Unterstützungssysteme für Schulen stärken und die Supervisionsmöglichkeiten insbesondere für junge Lehrer ausbauen. "Wir sind nicht blauäugig, was die finanziellen Aufwendungen betrifft. Aber wenn man die Folgekosten unterlassener Hilfe für Schulen einbezieht, dann rechnet sich die Investition in Schulpsychologie um ein Vielfaches."
In der Gestaltung der Ganztagsschule, um nur eine Aufgabe zu nennen, vor der Lehrer in Deutschland stehen, sieht die BDP-Präsidentin eine Herausforderung auch und gerade aus schulpsychologischer Sicht. Der BDP sei mit mehr als 30 europäischen Psychologenverbänden vernetzt und schöpfe zahlreiche Anregungen aus dieser Zusammenarbeit. Noch würde diese Kompetenz nicht ausreichend abgefragt. Eltern und Lehrer wollten keine schulischen Experimente, sondern Reformen auf der Basis gesicherter Erkenntnisse, so Brücher-Albers im Vorfeld des Kongresses. Der BDP erwarte, dass die Verantwortlichen für das deutsche Bildungssystem das erkennen und entsprechend handeln.