PM: Deutschland ist Exportweltmeister, doch wie lange noch?
Psychologenverband legt beim Schulpsychologenkongress alarmierende Zahlen vor
Deutschlands wirtschaftlicher Erfolg ist auf Dauer nicht gesichert, denn die Bundesrepublik ist europäisches Schlusslicht bei den Bildungsausgaben. Wie die OECD in diesem Jahr mitteilte, investiert die Bundesrepublik nur 4,8% des Bruttoinlandproduktes in die Bildung. Das ist der viertletzte Platz unter den OECD-Staaten, vor Rumänien und der Türkei. In den USA, Kanada, Korea, Dänemark oder Neuseeland sind es 7,5-8%.
Bei der schulpsychologischen Versorgung sieht es nicht besser aus. Obwohl Lehrerinnen und Lehrer, Kinderärzte und Kliniken von steigenden Zahlen bei Aufmerksamkeitsstörungen, Lernproblemen und psychischen Störungen berichten, ist Deutschland auch auf diesem Gebiet Schlusslicht. Das zeigt eine Übersicht der EFPA (European Federation of Psychologists Associations) , dem Dachverband von 32 europäischen Psychologenverbänden. Während in Dänemark eine Schulpsychologin oder ein Schulpsychologe für 700 Schüler zuständig ist, sind es in Deutschland 10.000.
Bereits 2007 hatte das Robert-Koch-Institut in der Bella-Studie festgestellt, dass 22% der Kinder- und Jugendlichen psychische Störungen entwickeln. Zu ähnlichen Ergebnissen kam im gleichen Jahr der Bericht des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Die meisten europäischen Länder unterbieten die Empfehlung der Weltgesundheits-organisation (WHO), wonach ein Schulpsychologe für mindestens 2.500 Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehen sollte – „Deutschland müsste die Zahl der Schulpsychologen vervierfachen, um diesen Mindeststandard zu erfüllen“, sagt Klaus Seifried, vom Bundesvorstand der Sektion Schulpsychologie im BDP.
Im Auftrag des Berufsverbandes Deutscher Psychologen (BDP) wurde 2010 eine Befragung über die schulpsychologische Versorgung in Deutschland durchgeführt, deren Ergebnisse jetzt im Rahmen des 19. Bundeskongresses für Schulpsychologie, der vom 17. bis 19. November in Hameln stattfindet, veröffentlicht werden. Danach entspricht nur in wenigen Großstädten die Versorgung dem Beschluss der Kultusministerkonferenz von 1973 (!), wonach ein Schulpsychologe für 5.000 Schülerinnen und Schüler zuständig sein sollte. Der WHO-Standard wird in keiner Stadt erreicht.
Ein Vergleich der Bundesländer zeigt, dass nur in den Stadtstaaten ähnliche Versorgungsbedingungen wie in den Großstädten bestehen. Alle Flächenländer haben eine schlechtere Versorgung. Schlusslicht ist hier Niedersachsen mit 1:28.000 Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen.
Erfreulich ist jedoch, dass 10 Bundesländer in den letzten beiden Jahren die Anzahl der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen deutlich erhöht haben: Das Saarland und Baden-Württemberg sogar um 26%. Damit erreicht Baden-Württemberg als reichstes Bundesland aber immer noch einen sehr schlechten Versorgungsgrad von 1:13.000.