PM: Lehrer brauchen mehr psychologische und diagnostische Kompetenz
Veranstaltung der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" in Berlin zu Bildungsproblemen in Deutschland
Für eine Stärkung der psychologischen, diagnostischen und pädagogischen Anteile in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern hat sich Dr. Barbara Dorn von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Montag in Berlin im Rahmen einer von der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" in Zusammenarbeit mit dem "Tagesspiegel" durchgeführten Veranstaltung zu Bildungsthemen ausgesprochen.
"Lehrern in Deutschland fehlt es gerade an pädagogischer, didaktischer und psychologischer Kompetenz", sagte sie, "da sie als Fachwissenschaftler ausgebildet werden und die Fachdidaktik eine geringe Rolle spielt." Bei der Auswahl von Studenten und Absolventen sollte stärker auf Persönlichkeiten gesetzt werden, die es mit Kindern zu tun haben wollen und nicht auf solche, die im Lehrerberuf eine Notlösung für ihre persönliche Karriere sehen.
Die finnische Bildungsexpertin Kati Jauhiainen verwies darauf, dass in Finnland zwei Drittel der Lehrerausbildung aus pädagogischen, psychologischen und didaktischen Elementen bestehen. Etwas anders sei das bei Lehrern für die (in Finnland viel später als in Deutschland), beginnende gymnasiale Ausbildung, aber auch für diesen Kreis wolle man die genannten Anteile vergrößern.
Andreas Schleicher (OECD-Pisa-Leiter) betonte, dass Deutschland nicht auf eine bessere Ausbildung für Lehrer in den kommenden Jahren warten dürfe, sondern sofort bei den vielen, vielen Lehrern anfangen müsse, die täglich im Schuldienst arbeiten. Wer ihre Defizite auf den erwähnten Feldern beseitige, erreiche relativ rasch die notwendige Wirkung im Schulalltag. Eine qualifizierte Auswahl von Studenten für den Lehrerberuf durch geeignete Tests könne darüber hinaus dazu beitragen, die geeigneten Persönlichkeiten für diese Tätigkeit zu finden. In der Diskussion hatte Christa Schaffmann, Pressesprecherin des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) darauf aufmerksam gemacht, dass viele Frühpensionierungen von Lehrern nicht nötig wären, wenn Studiumsanwärter bei der Auswahl fürs Studium bereits berufsbezogen getestet würden. Sie ging auch auf die infolge einer zu geringen Ausstattung mit Schulpsychologen in Deutschland häufig fehlende psychologische Unterstützung von Lehrern und Schulleitern ein.
Einmütig plädierten die Teilnehmer, darunter auch Dr. Axel Plünnecke vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), für eine frühkindliche Förderung in Kinderkrippen, mehrheitlich sogar für eine obligatorische Unterbringung in solchen Einrichtungen, da viele Studien zeigten, dass sonst genau die Kinder nicht in die Krippen kämen, bei denen der Förderungsbedarf am größten ist. Später litten diese Kinder an geradezu "vererbten" Defiziten. US-amerikanischen Untersuchungen zufolge lohne sich bereits bei den bei 0- bis 3-Jährigen eine Förderung, "Selbst fiskalisch, wenn man nicht nur in Legislaturperioden denkt", so Plünnecke. Wünschenswert sei eine Hochschulausbildung zumindest für einen Teil der Krippenerzieherinnen, in der es ebenfalls an psychologischen, diagnostischen und pädagogischen Anteilen nicht fehlen dürfe.
Der Vorsitzende der Sektion Schulpsychologie im BDP, Stefan Drewes, verwies im Anschluss an die Veranstaltung darauf, dass der BDP seit langem auf die Kompetenzen von Psychologen im allgemeinen und Schulpsychologen im Besonderen verweist, wenn es um die Unterstützung und Begleitung schulischer Arbeit geht und deshalb fordert, dass Deutschland in der Ausstattung mit Schulpsychologen an das Niveau der Pisa-Siegerländer heranrückt. Diese Kompetenz gelte genauso für den Bereich der frühkindlichen Förderung.