PM: Optimale Erziehung im Kleinkindalter ausschließlich durch Mütter ist eine Illusion

Psychologen haben ihre ganz eigenen Argumente gegen das Betreuungsgeld

In der Regierungskoalition ist der Streit um das Betreuungsgeld in vollem Gange. Da geht es um verfassungsrechtliche Bedenken, um Kosten und anderes mehr. Und das trotz der von Regierungssprecher Seifert Anfang der Woche verkündeten Klarstellung, dass die Kanzlerin an der Koalitionsvereinbarung und damit am Betreuungsgeld festhalte. Nun hat sich der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) in die Debatte eingeschaltet. Jenseits der Bedenken in den politischen Parteien betont der BDP, dass es ein naives Denken sei anzunehmen, die Erziehung von Kleinkindern durch Mütter sei automatisch die denkbar beste Variante; ganz abgesehen davon, dass auch Väter einen erzieherischen Einfluss haben. Seit Jahrzehnten ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass 2-3-Jährige bereits in der Lage sind, zu mehreren Personen eine Bindung aufzubauen. "Entscheidend dafür, wie gut das gelingt, sind die Verlässlichkeit der jeweiligen Beziehung und die Qualität der Betreuung", so der Nestor der Familienpsychologie in Deutschland, Prof. Klaus A. Schneewind von der Ludwig-Maximilian-Universität München. "Ob Bindung aufgebaut werden kann, hängt maßgeblich davon ab, wie qualifiziert die betreuende Person ist, wie gut sie die Signale des Kindes deuten kann und auf seine Bedürfnisse eingeht." Im Guten wie im Schlechten gelte das für Mütter genauso wie für andere Betreuungspersonen.

Wenn Thüringens Ministerpräsidentin, Christine Lieberknecht, von der CDU im Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld von einem Kulturkampf spreche, in dem Gesellschaftsbilder aufeinander prallten, "die wir in einer toleranten Gesellschaft eigentlich miteinander versöhnen sollten", so widerspricht der BDP dem ausdrücklich. Es geht, so BDP-Präsidentin Sabine Siegl, nicht um Kulturkampf sondern um wissenschaftliche Erkenntnisse, die offenbar aus verschiedenen Gründen bewusst ignoriert würden. Für die CSU sei es anscheinend wichtiger, ihren Einfluss auf die Politik der Regierung zu demonstrieren, als Kindern unabhängig von ihrer Herkunft gute Entwicklungsmöglichkeiten einzuräumen. Auch das Argument, man müsse Eltern Wahlfreiheit geben, überzeuge in keiner Weise, denn für Familien, die auf zwei Gehälter angewiesen seien, würden 150 Euro Betreuungsgeld viel zu wenig sein, um von Wahlfreiheit zwischen "zu Hause bleiben" und "berufstätig sein" sprechen zu können.

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