PM: Psychologenverband fordert mehr muttersprachliche Therapie
BDP-Delegiertenkonferenz weist Position des Bundessozialgerichts zurück
Mit Nachdruck hat sich die Delegiertenkonferenz des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) am Wochenende (8./9.5.) in Berlin für mehr muttersprachliche, kultur- und gendersensible Psychotherapie ausgesprochen. Seit die Grenzen im EU-Raum gefallen sind, Leben und Arbeiten auch außerhalb des Herkunftslandes möglich ist, wächst der Bedarf an muttersprachlicher Therapie. Er besteht aber auch dringend unter Flüchtlingen, die keine Chance haben, in ihre Heimat zurückzukehren und noch viel weniger die Möglichkeit, dort Therapie in Anspruch zu nehmen. „Wir reden hier nicht mehr von Bedürfnissen einer Minderheit, sondern von einer veränderten Realität in Deutschland und Europa, der die Politik Rechnung tragen muss“, so die Menschenrechtsbeauftragte des BDP, Eva van Keuk.
Diese Realität ignorierend hat das Bundessozialgericht inzwischen wiederholt den Anspruch auf muttersprachliche Therapie zurückgewiesen, da in Deutschland Deutsch die Amts- und Gerichtssprache sei. In der Diskussion wiesen die Delegierten diese Begründung zurück, zeugt sie doch von wenig Verständnis für das Wesen von Psychotherapie, und fordern eine Änderung des Sozialgesetzbuches. Das BSG berücksichtigt nicht, so der BDP, dass Sprachkompetenz bei Psychotherapie anders als z. B. bei Chirurgen oder Zahnärzten eine Grundvoraussetzung für eine gelingende Behandlung ist. „Psychotherapie ist ohne das Medium Sprache nicht möglich“, heißt es in der Begründung des von den Delegierten angenommenen Antrags.
Eine erneute Auseinandersetzung vor deutschen Gerichten erscheint dem Verband derzeit aussichtslos, weshalb er zusammen mit anderen Verbänden den Weg der Petition gewählt hat. Diese zielt darauf, unter den Abgeordneten des Deutschen Bundestages das Bewusstsein für die Problematik zu wecken und so eine Änderung der gesetzlichen Regelungen zu erreichen. Die personellen Voraussetzungen seien durch viele Psychotherapeutinnen und -therapeuten aus den verschiedensten Herkunftsländern gegeben. „Wer an dieser Stelle über eventuell zu hohe Kosten spreche, ignoriere völlig, welche Kosten auf das Gesundheitswesen zukommen, wenn diese Therapien nicht finanziert werden, Chronifizierung eintritt bzw. statt eines Elternteils später mehrere Kinder Anspruch auf therapeutische Leistungen haben,“ so BDP-Vizepräsident Laszlo Pota.
Auf Grundlage des Beschlusses werden sich die rund 12.000 Mitglieder des Verbandes nun bundesweit für die Gesetzesänderung und im Vorfeld mögliche Schritte einsetzen – unter anderem in Form einer Unterschriftenaktion und durch Gespräche mit Abgeordneten. Auch seine zahlreichen Medienkontakte wird der Verband in diesem Sinne nutzen.