PM: Viele Flüchtlinge sind auch Folteropfer!
BDP für genaues Hinschauen und Humanität
Zum Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer am 26. Juni 2014 erinnert der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) daran, dass EU-Richtlinien die Aufnahmestaaten zur notwendigen und adäquaten Behandlung von Folteropfern und anderen vulnerablen Gruppen von Flüchtlingen verpflichten. „Die vor einem Jahr festgelegten Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, werden jedoch oft nicht eingehalten“, kritisiert BDP-Präsident Prof. Michael Krämer angesichts der Nachrichten im vergangenen Jahr. „Der Umgang mit Flüchtlingen in Lampedusa und die Diskussion um das sichere Drittland werfen Fragen auf, denen mit Humanität begegnet werden muss!“
Die BDP-Menschenrechtsbeauftragte Eva van Keuk arbeitet als Psychologin und Psychotherapeutin im Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge in Düsseldorf. Circa 30 Prozent aller in Industrieländer geflüchteten Menschen wurden vor ihrer Flucht gefoltert, gibt van Keuk die in Studien von 2013 geschätzten Zahlen wieder.
Sie erklärt des Weiteren, dass ein Großteil der psychisch erkrankten Folterüberlebenden es vermeidet, an die traumatischen Erfahrungen erinnert zu werden. Viele der traumatisierten Flüchtlinge verschweigen selbst in Asylanträgen die Details ihrer Foltererfahrungen mit der Folge, dass ihre Schilderungen als unglaubhaft eingestuft werden – und ihr Asylantrag abgelehnt wird.
Erst während der Behandlung der seelischen Folgen berichtet beispielsweise ein Mann, der in der Demokratischen Republik Kongo demonstrierte, viermal inhaftiert wurde und dann flüchtete:
„Es ist eine andere Welt. Du denkst nicht mehr. Du existierst nur noch. Brot und Schlafen und Trinken, darum dreht es sich. Bis sie dich wieder abholen, dir alle Fragen zum hundertsten Mal stellen, dich schlagen, bis du das Bewusstsein verlierst. Oder dich zwingen aus der Toilette zu trinken. Oder dich nackt ausziehen und dich über den Hof krabbeln lassen. Sie haben mich auch aufgehängt. Du schreist vor Schmerzen, aber irgendwann hörst du auf zu fühlen. Aber es gibt welche, denen haben sie Schlimmeres angetan, mir nicht. Ich wurde nur geschlagen, aber sie haben mich nicht als Mann entehrt. Ich habe Kreaturen dort gesehen, sie hatten nichts Menschliches mehr. Ab und zu verschwinden sie, und neue kommen, du weißt nicht, was mit ihnen passiert ist. Ich habe den unerträglichen Geruch in der Nase, wenn ich davon berichte.“
Der Internationale Tag zur Unterstützung der Folteropfer ist ein Gedenktag, der im Jahr 1997 durch die UNO-Hauptversammlung beschlossen wurde. Folter ist international geächtet; in Deutschland ist das Foltern einer Person eine Straftat. Folter passiert in fernen Ländern – aber ihre Folgen werden auch in Deutschland durch die beherbergten Flüchtlinge zur Realität. Aus diesem Grund wandte sich der BDP bereits im Mai mit einer Resolution an die Öffentlichkeit, um eine Diskussion über das Thema „Wie gehen wir mit Flüchtlingen um?“ anzustoßen.
Hintergrund:
Die EU-Richtlinien verpflichten die Aufnahmestaaten zur notwendigen und adäquaten Behandlung von Folteropfern und anderen vulnerablen Gruppen von Flüchtlingen und wurde jüngst erneut überarbeitet (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 96, www.migrationsrecht.net/aufnahmerichtlinie-neufassung-2013.html, Abruf 17.6.14).