BDP-Resolution: Der BDP fordert psychologische Unterstützung zur Bewältigung der Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche

Der BDP beobachtet nach der lange andauernden Pandemiezeit eklatante psychologische Folgen bei Kindern und Jugendlichen, wie beispielsweise Ängste, Depressionen und Stressempfinden, aber auch Konflikte, Zunahme von Gewalt in der Familie etc. Ebenso werden als Folgen von sozialer Isolation und Verlust von Freundschaftsbeziehungen weitere psychologische Auswirkungen sichtbar.

Für eine ausreichende psycho-soziale Unterstützung benötigen wir folgendes:

  1. zeitnahe Unterstützungskonzepte unter Zuhilfenahme psychologischer Expertise
  2. bundeseinheitlicher Ausbau der Versorgung mit Schulpsychologinnen und -psychologen auf mindestens 1:5000 Schülerinnen und Schüler in allen Bundesländern mit
    • angemessener Ausstattung schulpsychologischer Dienste
    • datenschutzsicheren digitalen Tools für die Beratung von Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schüler
  3. mehr psychologische Bildung und Ausbildung an Schulen als Klammer u.a. für Gesundheitsverhalten und Krisenmanagement
  4. regelrechte Berücksichtigung psychologischer Expertise bildungsrelevanter Konzepte und bei Konzepten der Kinder- und Jugendhilfe

Seit Beginn der Corona Pandemie im vergangenen Jahr kam es immer wieder zu Schulschließungen und unterschiedlichen Szenarien des Unterrichts. Schülerinnen und Schüler sind durch Unsicherheit, Isolation und Homeschooling extrem belastet. Lehrkräfte, nicht-lehrendes Personal und Schulleitungen stehen seit Monaten unter erheblichem Druck, die außergewöhnliche Situation für alle professionell zu meistern. Eltern und Erziehungsberechtigte sind besonders gefordert, da nicht nur die generelle Situation durch die Pandemie bewältigt werden muss, sondern auch Belastungen durch Homeoffice, Wegfall von Betreuungen, soziale Verunsicherung bis hin zu existentiellen Bedrohungen durch Arbeitslosigkeit und Krankheit zu zusätzlicher Anspannung führen.

Aufgrund von Berichten aus vielen Arbeitsfeldern der Psycholog:innenschaft, beobachtet der BDP eine starke Zunahme psychischer und sozialer Belastungen in der Bevölkerung und somit zunehmende Anfragezahlen in den Beratungs- und Therapieeinrichtungen. Ebenso wird eine Erhöhung therapeutischer Anfragen erwartet.

Vielfache psychologische Belastungen stellen eine nie dagewesene Herausforderung für die Menschen dar, der mit fachlicher Expertise – auch in den Schulen –begegnet werden muss. Der BDP unterstreicht die besondere Bedeutung von fachlich gut ausgebildetem Personal im Bereich der psycho-sozialen Unterstützung und fordert insbesondere mehr Psychologinnen und Psychologen für die Schule. Diese sind unter anderem in der psychologischen Beratung, der Konfliktbearbeitung, Krisenintervention und Notfallhilfe bei Extremkrisen und- ereignissen bestens ausgebildet. Darüber hinaus sind sie aus der „Unterstützungsarbeit für Schulpersonal wie z.B. Supervision und Coaching, Schulentwicklung und berufliche Weiterbildung nicht mehr wegzudenken und leisten großartige Arbeit“ so Dr. Meltem Avci-Werning, Präsidentin des BDP.

Diese rasant ansteigende Zahl der Anfragen in den schulpsychologischen Beratungsstellen und weiteren Beratungs- und therapeutischen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche zeigt in besorgniserregender Weise die zentrale Bedeutung psychologischer Unterstützung in den Schulen.

„Es zeigt sich nun sehr deutlich, wie sehr die psychologische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Vergangenheit vernachlässigt wurde. Da davon auszugehen ist, dass Beratungs- und Unterstützungsbedarfe steigen werden, ist es jetzt wichtiger denn je, zeitnah zu reagieren und entsprechende finanzielle Mittel zur Schaffung einer modernen Infrastruktur der Beratung und Unterstützung zur Verfügung zu stellen“ fordert Avci-Werning. Insbesondere die schulpsychologische Versorgung in Deutschland hält dem internationalen Vergleich nicht stand. Für mehr als 6.000 Schüler sind Schulpsychologinnen und -psychologen im Schnitt zuständig, in Niedersachsen sogar für mehr als 13 000, während z.B. in den USA oder Dänemark das Verhältnis 1:1.000 ist.

Wie durch ein Vergrößerungsglas zeige sich, dass die jahrzehntelange mangelnde Versorgung durch schulpsychologische Expertise in den Schulen dazu beigetragen habe, dass die Belastungswahrnehmungen und das Gefühl von Verzweiflung nicht aufgefangen werden können. Zunehmend lange Wartezeiten in niedergelassenen Psychotherapiepraxen, psychiatrischen Kliniken und sozialpsychiatrischen Beratungsstellen, die fast nur noch akut suizidale Kinder und Jugendliche aufnehmen können, bringen das pädagogische Personal in den Schulen und die Sorgeberechtigten an ihre physischen und psychischen Belastungsgrenzen.

Insbesondere die Haltung, nun wieder zum gewöhnlichen Schulalltag überzugehen und lediglich Nachholprogramme zu installieren, die das Lernpensum betreffen, zeige, dass dabei die psychologische Situation Einzelner und deren Lebenswirklichkeit völlig außer Acht gelassen werde. Die Folgen auf die psychische Gesundheit sind enorm.

Dem vielfach zitierten Modell der Salutogenese (Antonovsky, 1979) muss auch an dieser Stelle Rechnung getragen und auf den bedeutenden Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gesundheit hingewiesen en werden. Mit Blick auf die Corona-Pandemie und deren Folgen haben sowohl die professionelle psychologische Unterstützung von Schülerinnen und Schülern und deren Eltern als auch die Weiterbildung und Unterstützung von Lehrkräften und Schulleitungen eine relevante gesellschaftliche Bedeutung.

Die Kultusministerien der Länder werden explizit aufgefordert, einer unzureichenden digitalen Ausstattung Abhilfe zu schaffen (Beispiel: digitale Tools für Beratung und Unterstützung) und die schulpsychologischen Arbeitsbedingungen kurzfristig und den qualitativen Standards entsprechend zu gewährleisten. In dieser besonderen Lage wendet sich der BDP mit der Forderung und der ausdrücklichen Bitte darüber hinaus an alle Verantwortlichen in der Politik, nun endlich mehr Psychologie an die Schulen zu bringen und somit die schulpsychologische und psycho-soziale Versorgung zu gewährleisten, die schon seit vielen Jahren überfällig ist.

„Wir rechnen mit langanhaltenden und zum Teil schwerwiegenden Fragestellungen, die auf die Psycholog:innenschaft als Berufsgruppe aus den Schulen zukommen werden. Wir fordern die Regierungsverantwortlichen auf, die infrastrukturellen Bedingungen für eine angemessene, ausreichende und fachlich ausgewiesene Beratung, Betreuung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen und deren Eltern zu schaffen und darüber hinaus den verantwortlichen Personen in den Schulen Unterstützung zur Bewältigung zur Verfügung zu stellen.“ sagt Dr. Meltem Avci-Werning.

Wir stehen für einem Dialog hinsichtlich genannter Themen bereit und bieten als Fachleute freundlichst unsere Kooperation und Unterstützung an.

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COVID-19
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