BDP zum Internationalen Tag gegen den Einsatz von Kindersoldatinnen und -soldaten
Um auf das Schicksal von Kindersoldatinnen und -soldaten aufmerksam zu machen, haben internationale Nichtregierungsorganisationen 2002 den „Red Hand Day“ ins Leben gerufen. In über 50 Ländern werden an diesem Tag Abdrücke von roten Händen gesammelt, um diese an Abgeordnete in den jeweiligen Parlamenten zu übergeben. Auch in Deutschland übergaben in den vergangenen Jahren Jugendliche Tausende Handabdrücke an Bundestagsabgeordnete – auch als Zeichen ihres Protests gegen Waffenexporte in Krisenregionen.
Für den BDP ist das Thema Kinderrechte ein sehr bedeutsames. Seit Jahren sind Expertinnen und Experten des Verbandes in bundesweiten Arbeitsgruppen aktiv, formulieren Stellungnahmen sowie politische Forderungen und sind in Gremien beratend aktiv. Der Einsatz als Soldatinnen und Soldaten ist ein Thema, das das Kindeswohl in äußerstem Maße bedroht und dem daher besondere Aufmerksamkeit gebührt.
Kindersoldatinnen und -soldaten nennt man Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die in Kriegen und Aufständen kämpfen. Ihr Einsatz ist völkerrechtlich verboten, dennoch sind weltweit bis zu geschätzt 250.000 Minderjährige als Soldatinnen und Soldaten oder Helferinnen und Helfer an bewaffneten Konflikten beteiligt. Nachweislich wurden im Jahr 2019 über 7.700 Jungen und Mädchen als Soldatinnen und Soldaten missbraucht. Kinder gelten im Vergleich zu Erwachsenen als leichter manipulierbar und gehorsamer. Besonders Mädchen werden häufig zusätzlich Opfer sexualisierter Gewalt.
Im Zuge der Flüchtlingswellen aus den besonders betroffenen Gebieten ist davon auszugehen, dass sich seit 2015 eine große Anzahl ehemaliger Kindersoldatinnen und -soldaten inzwischen auch in Europa und insbesondere in Deutschland aufhalten, die meist als unbegleitete Minderjährige ins Land kamen. Selten wurden sie zu ihren Erlebnissen befragt oder sie trauten sich kaum, darüber zu berichten. Vermutlich fehlen ihnen selbst in ihrer Muttersprache die Worte für das, was sie erleben und ertragen mussten.
Anfang 2020 berichtete das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (unicef), dass etwa 65.000 ehemalige Kindersoldatinnen und -soldaten seit 2007 befreit werden konnten. Ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft stellt jedoch eine große Herausforderung dar, denn neben körperlichen Verletzungen müssen viele psychische Traumata verarbeitet werden.
Kinder und Jugendliche zu militärischen Diensten heranzuziehen, verstößt auch gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen: hier sind vier Grundprinzipien verankert – ein Diskriminierungsverbot (Schutz), das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung (Förderung), der Kindeswohlvorrang sowie das Recht auf Beteiligung (Partizipation). Ein Zusatzprotokoll, das am 12. Februar 2002 in Kraft trat, untersagt den Vertragsstaaten, Menschen unter 18 Jahren zwangsweise zu ihren Streitkräften einzuziehen und in kriegerische Auseinandersetzungen zu verwickeln. 170 Staaten haben das Zusatzprotokoll ratifiziert – darunter auch Deutschland. 2007 verpflichteten sich zudem 58 Staaten – darunter alle EU-Mitgliedstaaten – in den Pariser Prinzipien, stärker gegen den Einsatz von Kindern in bewaffneten Konflikten vorzugehen.
Der BDP ist Gründungsmitglied der National Coalition Deutschland und wirkt seit Jahren an der Umsetzung dieser UN-Kinderrechtskonvention mit. Den Internationalen Tag gegen den Einsatz von Kindersoldatinnen und -soldaten nehmen wir zum Anlass, um auf die weiterhin extrem prekäre Lage von Kindern und Jugendlichen in Regionen bewaffneter Konflikte aufmerksam zu machen. Der Missbrauch als Soldatinnen und Soldaten hat schwerwiegende und langfristige Folgen für die körperliche und psychische Unversehrtheit der Kinder und Jugendlichen.
Für die Betroffenen fordert der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) schnelle, unbürokratische und umfangreiche psychologische Unterstützung!
Dipl.-Psych. Ralph Schliewenz
BDP-Präsidiumsbeauftragter für Kindeswohl und Kinderrechte