BDP Expert Talk: Transkulturelle Psychotherapie und Psychotraumatologie
Mit seiner Veranstaltungsreihe bringt der BDP psychologische Expert*innen miteinander ins Gespräch. Prof. Dr. Dr. Jan Kizilhan ist der BDP Experte am 10. März 2021. In dieser Ausgabe erwartet Sie ein Impulsvortrag, anschließend können die Zuhörenden Diskussionsbeiträge und Fragen einbringen.
Abstract
Die psychotherapeutische Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturen bedarf kulturspezifischer Kenntnisse insbesondere bezüglich des Gesundheits- und Krankheitsverständnis. Menschen aus anderen Kulturen bringen andere Werte, Normen und Annahmen mit. Um ihnen helfen zu können, ist ein Verständnis dieser, eine transkulturelle Kompetenz, notwendig. Weitere Grundvoraussetzungen für eine gelingenden Kooperation zwischen der Patientin/dem Patienten und dem Therapeuten/der Therapeutin sind Empathie, Wertschätzung und Kongruenz. Gerade Menschen aus anderen Kulturen – vor allem aus eher traditionellen Gesellschaften – bringen ein spezifisches Krankheitsverständnis und eine entsprechende Krankheitsverarbeitung mit, die für die Diagnostik von Bedeutung ist.
Politische Umwälzungen, Kriegs- und Bürgerkriegszustände sowie steigende Armut und Naturkatastrophen in verschiedenen Ländern der Welt haben zu einer verstärkten Flucht nach Europa geführt. Die psychische Verfassung und psychosoziale Lebenssituation in den Herkunftsländern der Geflüchteten können mehrdimensional beeinträchtigt sein: Einerseits können sie unter unverarbeiteten traumatischen Erlebnissen, wie Krieg und Flucht, begleitet von Migrations- und Entwurzelungserfahrungen, leiden. Andererseits werden sie im Aufnahmeland mit z. T. völlig neuen Normen und Werten, Institutionen sowie einer fremden Sprache konfrontiert.
Im BDP Expert Talk sollen aktuelle Studien zur transkulturellen Psychotherapie und Psychotraumatologie sowie neue Behandlungsansätze vorgestellt und kritisch diskutiert werden.
Der Experte
Prof. Dr. Dr. Jan Ilhan Kizilhan ist ein international anerkannter und gefragter Experte für transkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie. Er befasst sich zudem intensiv mit dem Thema Migration und deren Folgen sowie Traumata und Traumafolgestörungen. Prof. Kizilhan lehrt als Professor an der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen und leitet dort das Institut für transkulturelle Gesundheitsforschung. Darüber hinaus ist er Gründungsdekan des Institute for Psychotherapy and Psychotraumatalogy der Universität Dohuk im Nordirak.
Seit über 20 Jahren forscht der promovierte Psychologe, Soziologe und Orientalist zu Themen wie der stationären psychosomatischen Rehabilitation von Migranten. Er entwickelte mehrere Therapiekonzepte und ist als Berater für verschiedene staatliche und nicht-staatliche Institutionen tätig.
Prof. Kizilhan hat erkannt, dass es nicht erst in der Behandlung darauf ankommt, über die Sprache, Glaubens- und Moralvorstellungen eine Brücke zu den Patienten zu bauen. Vielmehr muss man schon im Vorfeld den besonderen Hintergrund beachten. Denn oft fehlt in der Muttersprache das passende Wort, um seelische und psychische Krankheiten und Nöte auszudrücken. Gelingt es dem Arzt, die Schilderungen der Patienten über ihr Leiden zu entschlüsseln, sind eine richtige Diagnose und die passende Therapie möglich.
Letzte Veröffentlichungen
Alkoholabhängigkeit und Migration (2020)
Transkulturelle Konzepte und Ansätze
Autor*innen: Pia Wenzler, Prof. Dr. Dr. Jan Ilhan Kizilhan
Fünf Jahre nach dem Völkermord an Yeziden (2019)
Eine Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen
Autor: Prof. Dr. Dr. Jan Ilhan Kizilhan
Trauma Workbook (2019) for Psychotherapy Students and Practitioners
Autoren: Jan Ilhan Kizilhan, Nadine Friedl, Florian Steger, Nina Rüegg, Pascal Zaugg, Christian Thomas Moser, Martin Hautzinger
Psychoedukation bei Traumastörungen (2018)
Manual für die Gruppenarbeit mit MigrantInnen und Geflüchteten
Autor: Jan Ilhan Kizilhan
Referentin/Referent
Prof. Dr. Dr. Jan Kizilhan
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