Europäischer Raum für Gesundheitsdaten (EHDS)
Europäischer Raum für Gesundheitsdaten (EHDS)

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Positionen des BDP zum EDHS

BDP wendet sich mit Änderungsvorschlägen zum EHDS an Politikerinnen und Politiker in Europa

Vertraulichkeit intimer persönlicher Daten ist eine wesentliche Basis für psychologische Dienstleistungen und heilkundliche Behandlungen psychischer Erkrankungen. Der Berufsverband der Deutschen Psychologinnen und Psychologen (BDP) hat große Bedenken hinsichtlich einer breiten Nutzung von Daten zur psychischen Gesundheit in Europa, da die Datensouveränität (z.B. Löschungsrechte) der Bürgerinnen und Bürger nicht gesichert wird.

Anschließend an die Übermittlung des Positionspapiers des BDP zum EHDS (Europäischen Raum für Gesundheitsdaten) an die damit befassten europäischen Politiker kam eine Einladung zum Gespräch bzw. zur Übermittlung von Änderungsvorschlägen.
 
Die vom BDP und seiner Sektion VPP erarbeiteten Änderungsvorschläge wurden an die Berichterstatter im europäischen Parlament übermittelt. Zu dem im Positionspapier angesprochenen Sonderweg Psychotherapiedaten wurden weitere Überlegungen angestellt. In den Downloads finden Sie Vorschläge des BDP zur Veränderung des Verordnungstextes zum EHDS.

Im April folgte dann ein, vom BDP mitgezeichneter, gemeinsamer Brief der im Thema aktiven Organisationen an alle europäischen Parlamentarier. 
 
Zentrales Anliegen des BDP ist es, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Kontrolle und den Schutz ihrer Daten zu erhalten. Bürgerinnen und Bürger sollten in Europa nicht nur das Recht haben, ihre Daten großflächig zu nutzen, sondern auch bestimmen zu können, welche Daten von ihnen vertraulich bleiben und nicht automatisch, sondern nur mit Zustimmung zur Einsicht für Dritte und zu verschiedenen Forschungszwecken frei gegeben werden. Bürgerinnen und Bürger in Europa sollten auch das Recht behalten, über die Kontrolle ihrer Daten im gesamten Lebenszyklus selbst zu bestimmen. Die Souveränität über die sensiblen Gesundheitsdaten ist nur über eine Opt-In-Zustimmung gewährleistet. Sofern die Speicherung besonders schutzwürdiger Daten nicht durch Opt-In-Zustimmung gezielt ausgeschlossen werden kann, empfehlen wir alternativ ein „persönliches Schließfach“. 
Daten im "Schließfach" sind vor Zugriffen und Weiterverwendung prinzipiell geschützt - ihre Verwendung muss von Betroffenen explizit freigegeben werden. Wenn sie z.B. in einer europäischen Gesundheitsakte („EHR“) nur noch für die Primärnutzung beschränkbar sind, müssen die Daten dort in ein Schließfach verschoben werden können.
 
Mindestens für Behandlungsdaten zu psychischen Erkrankungen müssen diese beiden Möglichkeiten (Opt-In oder Schließfach) als „Sonderweg für Daten über Psychische Erkrankungen“ gesichert sein. Daten im "Schließfach" sind vor Zugriffen und Weiterverwendung prinzipiell geschützt - ihre Verwendung muss von Betroffenen explizit freigegeben werden. Für die EHR ist geplant, dass die Patientinnen und Patienten bei der Primärnutzung Beschränkungen vornehmen können. Erstaunlicherweise gibt es dieses Beschränkungsrecht für die Sekundärnutzung aber nicht. Mindestens für Behandlungsdaten zu psychischen Erkrankungen müssen deshalb diese beiden Möglichkeiten (Opt-In oder Schließfach) als „Sonderweg für Behandlungsdaten zu Psychischen Erkrankungen“ gesichert sein.
 
Mitglieder, die Positionspapiere an ihre europäischen Abgeordneten im Wahlkreis richten möchten oder auf anderem Wege den Erhalt des Vertrauensschutzes unterstützen wollen, können die BDP-Materialien nutzen und sich mit Fragen und Hinweisen sehr gern auch an die Referate Fachpolitik und Rechtsberatung wenden.

Verwandte Beiträge

Brief an das Bundesministerium für Gesundheit: Stellungnahme zur Komplexversorgung nach § 92n Abs. 6b SGB V

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) nimmt Stellung zur verabschiedeten Richtlinie einer berufsgruppenübergreifenden Netzwerkversorgung schwer psychisch Erkrankter gem. §92 Abs. 6b SGB V und regt im Stellungnahmeverfahren in einem Brief an das Bundesministerium für Gesundheit an, folgende Hinweise aufzunehmen:

Die vom G-BA verabschiedete Richtlinienfassung zeigt erhebliche Mängel. Diese Mängel bestehen in Form von Zugangshürden, welche einen niederschwelligen Zugang und flexible Leistungen für schwer und komplex psychisch Erkrankte gefährden.

Ein Ziel muss sein, die Erhaltung vertrauter Behandlungsstrukturen für Erkrankte zu ermöglichen. Komplex und schwer psychisch Erkrankte werden oftmals im System „weitergereicht“, Behandlungsabbrüche sind nicht selten. Vertraute Ärzt*innen oder Psychotherapeut*innen sollen jederzeit (auf Wunsch der Behandelten) Part des Netzwerks sein bzw. werden können. Durch die unten genannten Zugangshürden besteht die Gefahr, dass vormalige ambulante Behandelnde nicht in das Netzwerk integriert werden können oder Patientinnen und Patienten, wenn sie die Zugangskriterien nicht mehr erfüllen und die Komplexbehandlung endet, erneut vor dem schwierigen Problem der Therapieplatzsuche stehen. Ist der Zugang zu einem Netzwerk für ambulante Behandelnde zu aufwendig, entstehen ggf. gesonderte Strukturen (z.B. größere „Netzwerk-MVZs“), in welche psychisch schwer Erkrankte „abgeschoben“ werden könnten. Dies muss - nicht zuletzt aufgrund einer Stigmatisierung - verhindert werden. Neurologische Diagnosen sollten darüber hinaus im Rahmen der Netzwerkbehandlung berücksichtigt werden.
 

Zugangshürde 1: Unrealistisch hohe Netzwerkteilnehmenden-Zahlen

Für einen regionalen Netzverbund müssen vor Ort mindestens zehn Psychotherapeut*innen und Fachärzt*innen einen Vertrag schließen, mit dem sie eine ambulante Komplexbehandlung vereinbaren. Davon müssen jeweils mindestens vier  Psychiater*innen, Neurolog*innen oder Psychosomatiker*innen und vier Psychotherapeut*innen sein. Diese Anzahl ist für strukturschwache Regionen zu hoch. Erschwert wird die Netzwerkbildung, da nur ganze Kassensitze berücksichtigt werden. Im Psychotherapeutischen Bereich steigt der Anteil hälftiger Zulassungen immer weiter. Rund die Hälfte der psychotherapeutischen Versorgung erfolgt in „hälftigen“ Kassensitzen. Hier ist es wichtig, flexible Lösungen zu ermöglichen, indem auch hälftige Kassensitze berücksichtigt werden und bei Bedarf von starren Mindestvorgaben (mind. 10 ärztliche/psychotherapeutische Leistungs-Erbringende) abgewichen werden kann.
 

Zugangshürde 2: Zusätzliche ärztliche differentialdiagnostische Beurteilung vor einem Netzwerk-Eintritt

Nach §8 und §9 der Richtlinie ist die sogenannte differentialdiagnostische Abklärung für die Netzwerkbehandlung erforderlich. In der Differentialdiagnostik soll eine psychische, somatische und soziale, soweit erforderlich interdisziplinär abzustimmende Diagnostik und Indikationsstellung durchgeführt werden. Sie soll nur von bestimmten Facharzt-/ Fachärztinnen-Gruppen (Psychiatrie, Psychosomatik, Neurologie) erstellt werden können. Patient*innen müssen so ggf. einen zusätzlichen Termin mit ausführlicher Befunderhebung bei einem ihnen unbekannten Arzt/ einer ihnen unbekannten Ärztin wahrnehmen. Sinnvoll ist es sicherlich, eine somatische Abklärung über Ärzt*innen innerhalb des Netzwerkes festzuschreiben, falls diese noch nicht extern erfolgt ist. Für die psychische und soziale Diagnostik und Indikationsstellung sind Beurteilungen der ärztlich und psychologisch psychotherapeutisch Leistungserbringenden zur Gänze ausreichend. Die Hürde einer zusätzlichen Beurteilung durch Fachärzt*innen benachbarter Fachrichtungen erscheint weder verständlich noch sinnvoll, erinnert an veraltete Delegationsverfahren und sollte gestrichen werden.
 

Zugangshürde 3: Beschränkung von Hausbesuchen auf koordinierende Berufsgruppen

In § 5 der Richtlinie wird geregelt, dass Hausbesuche nur von koordinierenden Berufsgruppen (z.B. der Soziotherapie oder der Psychiatrischen Krankenpflege) durchgeführt werden können. Für Hausbesuche sind Bezugstherapeut*innen (Psychotherapeut*innen oder ärztlich Behandelnde) nicht zugelassen. Hausbesuche sind jedoch ein wichtiger Bestandteil, welcher z.B. in einem Notfall jederzeit flexibel abrufbar sein sollte. Das Netzwerk ist agiler und flexibler, wenn (in Einzelfällen)

auch Bezugspsychotherapeut*innen oder Bezugsärzt*innen einen Hausbesuch realisieren können, stationäre Aufnahmen können so deutlich realistischer verhindert werden.

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Stellungnahme
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