Studierende im BDP
Petition zur Masterplatzkampagne

#Platzangst - Kein Platz für die Psyche

Für mehr Psychologie-Masterplätze an deutschen Universitäten!

 

  • Fast jeder dritte Mensch in Deutschland leidet jährlich an mindestens einer psychischen Erkrankung. Tendenz steigend - seit Jahrzehnten.
     
  • Neben massiven persönlichen Einschränkungen sind psychische Erkrankungen eine Belastung für Gesundheitssystem und Wirtschaft. Der jährliche Produktionsausfall beläuft sich Schätzungen zufolge auf 26 Mrd., Bruttowertschöpfungsausfälle auf 46 Mrd. Euro.
     
  • Für den Erhalt der psychischen Gesundheit und die angemessene Behandlung psychischer Erkrankungen brauchen wir dringend mehr Psycholog*innen in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen: am Arbeitsplatz, in Schulen, in Kliniken, in interdisziplinären Gesundheitseinrichtungen und in der Forschung.

Psychische Gesundheit ist die Basis für eine glückliche, zukunftsfähige und ökonomisch leistungsfähige Gesellschaft!

 

Deshalb fordern wir:

Ausreichend Psychologie-Masterplätze, um den Bedarf an Psycholog*innen in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen zu decken.
 

Eine angemessene Finanzierung der Lehre in den Psychologie-Studiengängen, um eine qualitativ exzellente Ausbildung zu gewährleisten.
 

Ein evidenzbasiertes und faires System, in dem Bedarfsplanung und Finanzierung von Studienplätzen zwischen Bund, Ländern und Universitäten geregelt werden. Nur so kann die zukünftige psychische Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands gesichert werden.

 

Was ist das Problem?

Eine Anfrage des PsyFaKo e.V. (Bundesweite Vertretung der Psychologie-Studierenden) im Jahr 2022 ergab, dass es deutschlandweit eine Differenz von über 1200 Studienplätzen zwischen Bachelorabsolvent*innen und Masterplätzen im Fach Psychologie gibt. Somit erhalten 20 % der Bachelorabsolvent*innen nach ihrem Abschluss keinen Masterplatz an einer staatlichen Universität. [1] Im Jahr 2020 lag dieser Wert noch bei 10%. [2]

Die Verschärfung des Problems ist u. a. auf die Reform des PsychThG 2020 zurückzuführen, welche die Ausbildung zum*r Psychotherapeut*in restrukturiert. Die in diesem Zuge neu geschaffenen Masterstudiengänge “Klinische Psychologie und Psychotherapie” (KLiPP) erfordern einen weitaus höheren Personalaufwand. Da sich Bund, Länder und Universitäten auf kein einheitliches Finanzierungsmodell einigen konnten, wurde an vielen Standorten die Anzahl an Masterplätzen reduziert.

Zudem ist durch die Reform die für den Beruf des Psychotherapeuten / der Psychotherapeutin erforderliche Approbation nur noch nach Abschluss des KLiPP und nicht mehr über andere Masterstudiengänge möglich.
Während 2020 in Deutschland noch rund 3.300 der Masterplätze Zugang zur Approbation ermöglichten, waren es zum Wintersemester 2022/23 nur noch etwa 1900. Das Bundesgesundheitsministerium gibt eine Zahl von 2500 jährlich notwendigen Approbationen an, um den Bedarf an psychotherapeutischer Behandlung zu decken. [3] Somit besteht die Gefahr eines Nachwuchsproblems sowohl in der Kinder- und Jugend- als auch der Erwachsenenpsychotherapie.

Dies würde die aktuell akute Lage der psychischen Gesundheitsversorgung, in der Betroffene z. T. monatelang auf ein Erstgespräch warten müssen, massiv verschärfen. Hinzu kommt der baldige Renteneintritt geburtenstarker Jahrgänge.

Seit Inkrafttreten des PsychThG (§9 Absatz 1) 2020 gilt zudem, dass ein abgeschlossenes Psychologiestudium an einer (Fach-)Hochschule nur noch vereinzelt für für die Approbation qualifiziert. Ebenso ist der Zugang zur Kinder- und Jugendpsychotherapie nicht mehr über nicht-psychologische Studiengänge wie Pädagogik möglich. Diese Berufsgruppe macht derzeit aber 85-90% der praktizierenden Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen aus. [4]

Statt einer Reduktion benötigen wir einen massiven Ausbau der KLiPP Plätze, um die durch die Reform weggefallenen, alternativen Wege zur Approbation auszugleichen.

Neben psychotherapeutischen Berufen ist psychologische Fachkompetenz auch in anderen Bereichen unserer Gesellschaft und Wirtschaft relevant. Hierbei geht es vor allem um die bedürfnisgerechte Förderung und Forderung von Kindern im schulischen Kontext, die Gestaltung individuell angepasster Arbeitsformen in Unternehmen und die Förderung psychischer Gesundheit in diversen Kontexten unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Das Potential von Prävention und aktiver Förderung psychischer Gesundheit wird heute noch nicht realisiert. Das wirkt sich negativ sowohl auf einzelne Individuen als auch auf die breite Gesellschaft aus.

 

Der Mangel an Psycholog*innen wirkt sich aus auf…

… die Gesellschaft:

  • Die Prävalenz psychischer Erkrankungen steigt seit Jahrzehnten. Während der Corona-Pandemie erhöhten sich die Patientenanfragen um 39%, in Kinder- und jugendpsychologischen Einrichtungen sogar um 60%. Die Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt für 40% der Patienten*innen mehr als 3 - 9 Monate. [5]
  • Psychische Störungen führen zu immensen, persönlichen Einschränkungen der Lebensführung und -qualität sowie zu einer vorzeitigen Sterblichkeit.
  • Angehörige psychisch kranker Personen leiden ebenso unter unbehandelten Problemen. Insbesondere in belasteten Familien stellen fehlende Therapieplätze ein Entwicklungsrisiko für zukünftige Generationen dar. 
  • Die COVID-19-Pandemie und weitere Krisen sowie die fortschreitende Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen führen zu steigender Nachfrage nach Therapieplätzen.
  • Für die zunehmende Relevanz von sowohl betrieblichem Gesundheitsmanagement als auch gesetzlich verpflichtendem Eingliederungsmanagement sind psychologische Fachkräfte unabdingbar.
  • Bundesweit kann der Bedarf an Schulpsycholog*innen und Sozialarbeiter*innen an Bildungseinrichtungen nicht gedeckt werden [6]. Dieser Mangel wirkt sich negativ auf die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen aus.
  • Eine langfristig evidenzbasierte Bedarfsplanung muss dringend nicht nur den akuten Bedarf an Psychotherapeut*innen, sondern auch das große Potential von Prävention und aktiver Förderung psychischer Gesundheit durch psychologische Fachkräfte in Schulen und am Arbeitsplatz berücksichtigen.
  • Um dem existierenden Mangel psychologischer Fachkräfte langfristig entgegenzuwirken und einen weiteren Kollaps der psychischen Gesundheitsversorgung zu verhindern, braucht es mehr Psychologie-Studienplätze!

… die Wirtschaft:

  • Psychische Störungen gehören direkt nach kardiovaskulären Erkrankungen zu den volkswirtschaftlich kostenintensivsten Krankheiten.
  • Der jährliche Produktionsausfall beläuft sich auf 26 Mrd. Euro, Bruttowertschöpfungsausfälle auf 45 Mrd. Euro. Das entspricht 1,8% des Bruttoinlandsprodukts Deutschlands [7].
  • Diese indirekten Kosten setzen sich zusammen aus Krankschreibungen, eingeschränkter Produktivität und Frühberentung. 12,5% betrieblicher Fehltage sind direkt auf psychische Erkrankungen zurückzuführen, wobei die tatsächlichen Fallzahlen deutlich höher einzuschätzen sind [8].
  • Die für das Gesundheitssystem entstehenden Kosten der psychischen Krankheitsversorgung belaufen sich auf 20 Mrd. Euro. Gleichzeitig rentiert sich innerhalb eines Jahres jeder in Psychotherapie investierte Euro um den Faktor 3,26 [9].
  • Ein Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung würde demzufolge mittelfristig zu einer Entlastung des Gesundheitssystems führen!
  • Langfristig würde der Ausbau von sowohl präventiver als auch akuter psychologischer Gesundheitsversorgung - unabhängig von der Reduktion menschlichen Leidens - zu einer positiven Bilanz für sowohl Gesundheitssystem als auch Volkswirtschaft führen.
  • Eine Finanzierung von mehr Psychologie-Masterplätzen ist für diesen Ausbau unabdingbar und ist eine kluge Investition in die zukünftige Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft.

… die Studierenden:

  • Die Berufsaussichten ohne Masterabschluss sind stark eingeschränkt. Gleichzeitig bekommen statistisch jedes Jahr 20% der Bachelorabsolvent*innen keinen Masterplatz.
  • Daraus folgt ein hoher Leistungs- und Notendruck sowie Konkurrenz zwischen den Studierenden und eine durch Stress induzierte Gefährdung der eigenen, psychischen Gesundheit.
  • Studierende leben zusätzlich mit der Angst, trotz exzellenter Leistungen im Abitur und Bachelor ohne Zukunftsperspektive und ausreichende Qualifikation dazustehen.
  • Besonders kritisch ist die Situation für Bachelorabsolvent*innen, die ihren Abschluss nach dem System vor Inkrafttreten des PsychThGs absolviert haben. Diese müssen bis 2032 approbieren. Diesen Studierenden droht durch die Reduktion von Masterplätzen im alten System, dass sie keine Chance mehr haben, rechtzeitig mit der Ausbildung zum*r Psychotherapeut*in fertig zu werden.
  • Daher fordern wir alle zuständigen Akteure auf, mehr Masterplätze bereitzustellen - denn wir haben “Platzangst”!

 

Was fordern wir?

1. Ausreichend Psychologie-Masterplätze, um den Bedarf an Psycholog*innen in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen zu decken.

  • Die staatlichen Universitäten sollen mindestens so viele Masterplätze anbieten, dass alle Bachelorabsolvent*innen ihre Ausbildung fortsetzen können.
  • Jährlich werden 2500 neue Approbationen benötigt, um den heutigen Bedarf an Psychotherapeut*innen zu decken. [3] Der durch die Gesetzesreform einzige Weg zur Approbation ist ein Studium des neuen Masters für Klinische Psychologie und Psychotherapie (KLiPP).
  • Diese Berechnung berücksichtigt weder Abbrecherquoten noch steigende Prävalenzen psychischer Erkrankungen. Eine langfristig tragfähige Bedarfsplanung erfordert den schrittweise erfolgenden Ausbau der Kapazitäten im KLiPP Master auf deutlich über 2500 Plätze.
  • Der Ausbau des KLiPP Masters darf nicht zulasten anderer Ausbildungskapazitäten stattfinden. Die Psychologie ist in ihrer Breite wertvoll und gesellschaftlich relevant. Ein Ausbau der Masterplätze in der Allgemeinen und in der Pädagogischen sowie in der Wirtschafts- und der Kognitionspsychologie sind sowohl für die Prävention und Rehabilitation als auch für die Erforschung psychischer Prozesse unabdingbar.

2. Eine angemessene Finanzierung der Lehre in den Psychologie-Studiengängen, um eine qualitativ exzellente Ausbildung zu gewährleisten.

  • Insbesondere in betreuungsintensiven Masterprogrammen wie dem KLiPP sollte der den Kapazitätsberechnungen zugrunde liegende Curricularwert gesetzlich auf vorerst mindestens 4,2 angehoben werden, um das durch die strengen Vorgaben der Approbationsordnung erforderliche Lehrdeputat realistisch abzubilden.
  • Ein niedrigerer Wert würde die Studierbarkeit des Masters einschränken, da der Studienverlauf durch den begrenzten Zugang zu Pflichtveranstaltungen verzögert würde. Es gäbe zwar theoretisch genügend Masterplätze, praktisch jedoch nicht genügend Absolvent*innen, um den Bedarf an jährlichen Approbationen zu decken.
  • Die Bereitstellung ausreichenden Lehrdeputats für die jeweilige Lehreinheit liegt unserer Ansicht nach primär in der Verantwortung des Gesetzgebers und sollte keinesfalls zur Reduktion von Masterplätzen in anderen Bereichen der Psychologie führen.

3. Ein evidenzbasiertes und faires System, in dem Bedarfsplanung und Finanzierung zwischen Bund, Ländern und Universitäten geregelt werden.

  • Die von Bund und Ländern beschlossene Reform des PsychThG verschärft die bereits bestehende Problematik fehlender Psychologie-Masterplätze. Gleichzeitig gibt es noch immer keine langfristige Regelung zwischen Bund, Ländern und Universitäten, wer für die gestiegenen Kosten aufkommen wird.
  • Wir brauchen ein langfristig tragfähiges System, welches auf Basis evidenzbasierter Bedarfsberechnungen die erforderliche Anzahl von Psycholog*innen in allen gesellschaftlich relevanten Bereichen feststellt und entsprechende Ausbildungskapazitäten finanziert.
  • In der Übergangsphase zwischen altem und neuem Ausbildungssystem muss sichergestellt sein, dass genügend Masterplätze für Bachelorabsolvent*innen des alten Systems erhalten bleiben, um ihnen ein approbationkonformes Studium zu ermöglichen und zu verhindern, dass Personen nach der Übergangsphase jegliche Chance auf die Approbation genommen wird.
  • Um den Zugang zu psychologischen Berufen einer möglichst heterogenen Gruppe zugänglich zu machen, sollten die Zulassungsverfahren insbesondere für die Psychologie-Masterstudiengänge mehr Kriterien als die Bachelorabschlussnote berücksichtigen. Diese Kriterien können mitunter berufliche Vorerfahrung, Praktika und soziales Engagement umfassen.  Zudem wären die Einführung von Wartelisten, einer Sozialquote und ein zentrales Vergabeverfahren wünschenswert. Diese Maßnahmen würden Studierende, insbesondere Studierende mit Kind und finanziell benachteiligte Personen, entlasten und zu mehr Diversität in den psychologischen Berufen führen.

 

Unterschreibe jetzt, um uns bei unserem Anliegen zu unterstützen und den Entscheidungsträgern unseres Landes zu zeigen, dass wir uns gemeinsam einsetzen - für eine glücklichere und zukunftsfähige Gesellschaft!

 

Agnes Glomb (Vorstand BDP-S)

Lara Buchthal (AG-Leitung Platzangstkampagne BDP-S)

Alexandra Markert (stellvertretend für die Platzangst-AG des BDP-S)

Sophie Gappert (Konferenzrätin des PsyFaKo e.V.)

Konrad Rothe Paparoni (Konferenzrat des PsyFaKo e.V.)

Nina Straub (PsyFaKo e.V.)

 

Quellen:

1. https://psyfako.org/wp-content/uploads/36-PsyFaKo-PP-Masterplatzproblematik.pdf (letzter Zugriff: 03.04.2023)

2. https://www.bdponline.de/web/platzangst/bundesland/ (letzter Zugriff: 03.04.2023)

3.https://www.bundesgesundheitsministerium.de/psychotherapeutenausbildung/faqs-psychthgausbrefg.html (letzter Zugriff: 03.04.2023)

4. Privater Schriftverkehr mit dem Landesprüfungsamt Berlin, sowie dem VAKJP; Schriftverkehr anforderbar unter bachelormaster@psyfako.org

5.https://www.bptk.de/bptk-auswertung-monatelange-wartezeiten-bei-psychotherapeutinnen/ (letzter Zugriff: 03.04.2023)

6. Robert Bosch Stiftung (2023). Das Deutsche Schulbarometer: Aktuelle Herausforderungen aus Sicht von Schulleitungen. Ergebnisse einer Befragung von Schulleitungen allgemein- und berufsbildender Schulen. Stuttgart. Robert Bosch Stiftung. https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/schulsozialarbeit-schulleitung-umfrage-deutsches-schulbarometer-november-2022/

7. Nübling, R., Bär, T., Jeschke, K., Ochs, M., Sarubin, N. & Schmidt, J. (2014). Versorgung psychisch kranker Erwachsener in Deutschland. Bedarf und Inanspruchnahem sowie Effektivität und Effizienz von Psychotherapie. Psychotherapeutenjournal, 13(4), 389-397.

8. Barmer (2021). BARMER Gesundheitsreport 2021. https://www.barmer.de/resource/blob/1032110/aaafa3405427f0b05d34a7f20fd904d1/barmer-gesundheitsreport-2021-data.pdf (letzter Zugriff 03.04.2023)

9. Wittmann, W.W., Lutz, W., Steffanowski, A., Kriz, D., Glahn, E.M., Völkle, M.C., Böhnke, J.R., Köck, K., Bittermann, A. & Ruprecht, T. (2011). Qualitätsmonitoring in der ambulanten Psychotherapie: Modellprojekt der Techniker Krankenkasse - Abschlussbericht. Hamburg: Techniker Krankenkasse. https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2019/01/TK-Abschlussbericht_Qualitaetsmonitoring-in-der-ambulanten-Psychotherapie.pdf (letzter Zugriff 03.04.2023)

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