Modellprojekt in NRW
FAQ Qualitätssicherung

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18.01.2024 ein neues QS-Verfahren für die ambulante psychotherapeutische Versorgung gesetzlich Krankenversicherter – kurz: QS ambulante Psychotherapie, beschlossen. Zugleich hat er festgelegt, dass dieses zunächst von 2025-2030 in einer Modellregion erprobt werden soll. Diese Modellregion ist Nordrhein-Westfalen und betrifft beide KV Regionen Nordrhein und Westfalen-Lippe.

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  • Welche gesetzlichen Regelungen liegen der QS zugrunde und wo sind sie zu finden?

    Im SGB V ist vorgeschrieben, dass Praxen und andere Einrichtungen Qualitätssicherung betreiben müssen. Bereits 2019 wurde festgelegt, dass für die ambulante Psychotherapie eine sogenannte datengestützte einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung (DeQS) eingeführt werden soll. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde mit der Entwicklung einer entsprechenden Richtlinie beauftragt. Diese wurde am 18.01.2024 beschlossen, bzw. die bereits bestehende Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) wurde um die ein Verfahren 16 ergänzt: die ambulante psychotherapeutische Versorgung gesetzlich Krankenversicherter (QS ambulante Psychotherapie). Hier geht es zum Beschlusstext.


  • Was ist das Ziel des Verfahrens?

    Laut G-BA sind die Ziele des QS-Verfahrens die Förderung der Behandlungsqualität, die Verbesserung der patientenorientierten Kommunikation, die Förderung der Transparenz über die Behandlungsqualität und die Stärkung der Partizipation von Patient*innen.


  • Was beinhaltet das neue QS-Verfahren?

    Das neue QS-Verfahren besteht einerseits aus einer Patient*innenbefragung, andererseits aus einer sogenannten fallbezogenen Dokumentation, die durch die Behandelnden durchgeführt wird. Beide Erhebungen finden am Ende der Behandlung statt. Die Ergebnisse der Erhebungen sollen auch veröffentlicht werden (sog. Benchmarking).


  • Wer ist betroffen bzw. wer muss mitmachen?

    Im DeQS Psychotherapie werden alle erwachsenen Patient*innen berücksichtigt, außer sie leiden unter einer Intelligenzminderung oder einer Demenz. Auf Behandler*innenseite bedeutet das, dass Praxen, die erwachsene Patient*innen behandeln, betroffen sind unabhängig vom Therapieverfahren. KJP-Praxen sind bisher außen vor. Anders als bei bisherigen DeQS-Verfahren werden also alle Behandlungen untersucht und nicht etwa nur Stichproben (sog. Vollerhebung).


  • Warum ein Modellprojekt? Und warum NRW?

    Es gab während der Entwicklung des QS-Verfahrens viel Kritik vonseiten des Berufsstandes, insbesondere was das Verhältnis von Kosten (Zeit und Geld) und Nutzen angeht. Es konnte zwar nicht aufgehalten, aber zumindest erreicht werden, dass es zunächst erprobt wird. Das gab es bei anderen DeQS-Verfahren nicht. In dieser Erprobungsphase soll das Verfahren überprüft und etwaige Anpassungen vorgenommen werden. 
    NRW wurde ausgewählt, weil es einerseits ein großes Bundesland ist, andererseits verschiedene Regionen hat und somit recht repräsentativ für das Bundesgebiet ist.


  • Was kommt konkret auf die Praxen in der Modellregion zu?

    Bereits jetzt schon müssen die Patient*innen über das Projekt informiert werden. Dazu hat der G-BA ein Patient*inneninformationsblatt herausgegeben. 
    Im September findet eine sogenannte Regionalkonferenz durch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), welches mit der Durchführung des Verfahrens beauftragt wurde, statt. Dort sollen alle teilnehmenden Psychotherapeut*innen konkrete Informationen erhalten. Im Vorfeld können auch Fragen eingereicht werden.
    Außerdem brauchen alle Praxen bis Ende des Jahres eine Software, um die Daten einzugeben. Die dafür notwendigen technischen Vorgaben legt das IQTIG allerdings erst zum 1.7.2024 vor. Wir arbeiten für Sie daran, passende Softwarelösungen zu finden. Wir werden Sie rechtzeitig informieren.
    Ab dem 1. Januar 2025 muss dann für jede Richtlinientherapie, die abgeschlossen wird, die entsprechende Dokumentation durchgeführt werden.


  • Welche Fragen beinhaltet die fallbezogene Dokumentation?

    Die Fragen der QS-Falldokumentation für die Praxis finden sich im Abschlussbericht des IQTIG. Im Anhang des Abschlussberichtes zur QS-Fall-Dokumentation (Anhang B) finden Sie die Items, die von den Praxen beantwortet werden sollen. Einige Fragen müssen nur beantwortet werden, wenn vorausgegangene Fragen dies erforderlich machen. Insgesamt umfasst der Fragebogen 109 Items. In Anhang B7 gibt es einen schriftlichen Entwurf der QS-Falldokumentation. Der gibt einen guten Überblick, was erfragt wird. 


  • Welche Fragen beinhaltet die Patient*innenbefragung?

    Der Patient*innenfragebogen wird voraussichtlich postalisch zugestellt. Die vorläufige Fassung besteht aus 40 Fragen, die sich auf den Anfang der Behandlung, den Verlauf sowie das Ende beziehen. Das IQTIG hat den vorläufigen Fragebogen auf seiner Website veröffentlicht.


  • Löst das neue QS-Verfahren das bisherige Antrags- und Gutachterverfahren ab?

    Mit dem Psychotherapie-Ausbildungsreformgesetz wurde nicht nur das DeQS-Verfahren für Psychotherapie vorgeschrieben, sondern auch, dass es nach dessen Etablierung das Antrags- und Gutachtenverfahren ablöst. Stichtag dafür sollte bereits der 31.12.2022 sein. Wie das praktisch funktionieren soll, ist derzeit noch offen, denn ganz offensichtlich ist das neue QS-Verfahren nicht geeignet, um die bisherige Vorabwirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen. Solange das Modellprojekt läuft, besteht das Antrags- und Gutachtenverfahren zunächst weiter.


  • Ist eine Teilnahme am QS-Verfahren im Rahmen des Modellprojekts verpflichtend?

    Ja, die Teilnahme ist für alle betroffenen Psychotherapeut*innen in NRW verpflichtend. Die Vorgaben der Richtlinie finden Anwendung auf die Leistungen, die von Mitgliedern der KVWL und KVNO unter Angabe einer BSNR dieser KVen erbracht wird. Allerdings wird es in den ersten zwei Jahren keine Sanktionen für eine Nicht-Teilnahme geben. Wenn in diesem ersten zwei Jahren weniger als 80 Prozent teilgenommen haben werden, wird es ab dem dritten Jahr Sanktionen geben. Diese Regelung ist ein Kompromiss aus den Verhandlungen im G-BA.


  • Wird der Aufwand für die Teilnahme am QS-Verfahren vergütet?

    Grundsätzlich soll dies der Fall sein. Der G-BA hat auch verkündet, dass den Psychotherapeut*innen in der Modellregion kein Nachteil entstehen soll durch die Teilnahme, woraus zu folgern ist, dass sowohl finanzielle Auslagen als auch zeitlicher Aufwand zu erstatten sind. Allerdings müssen diese Erstattungspauschalen erst noch zwischen den Vertragspartnern (KVWL und KV Nordrhein mit den Kostentragenden) verhandelt werden.


  • Wie wird das Therapieende definiert und wie wir die Datenerhebung ausgelöst?

    Die Datenerhebung in der Praxis und der Versand des Fragebogens an die Patient*innen wird durch die Eingabe der Ziffern 88130/88131 zur Kennzeichnung des Therapieendes ausgelöst.


  • Was passiert bei einem Therapieabbruch?

    Therapieabbrüche werden – bis jetzt – nicht mit einbezogen, aber es ist noch nicht klar definiert, wie eine Therapie als abgebrochen bewertet wird. Allerdings wird derzeit geprüft und erarbeitet, ob und wie Therapieabbrüche künftig in die QS eingefasst werden können. Das IQTIG wird dazu in diesem Jahr einen Bericht vorlegen. Wann der G-BA einen entsprechenden Beschluss fassen wird, ist noch offen. Wie auf Basis der Pseudoziffern unterschieden werden kann, ob es sich um ein reguläres Therapieende oder einen Therapieabbruch handelt, muss noch geklärt werden.


  • Wie wird berücksichtigt, dass manche Patient*innengruppen schwerer erkrankt sind?

    Viele Kolleg*innen machen sich Sorgen, ob es zum Nachteil werden könnte, z. B. komplex traumatisierte Patient*innen mit Persönlichkeitsstörung zu behandeln. Hier soll eine sogenannte Risikoadjustierung Abhilfe schaffen, die anhand von bestimmten Parametern Daten von verschiedenen Patient*innengruppen vergleichbar macht. 
    Ob das gelingt, werden wir im Rahmen des Modellprojektes genau beobachten. In jedem Fall darf ein QS-Verfahren nicht dazu führen, dass besonders schutzbedürftige Patient*innen benachteiligt werden.


  • Welche Daten werden an die Praxen zurückgemeldet?

    Es werden stets die Daten von zwei Jahren zusammengefasst und gemeinsam ausgewertet. Dabei werden die Datensätze einzelner Fälle aus Falldokumentation und Patient*innenbefragung nicht zusammengeführt. Es gibt auch keine Rückmeldung über einzelne schlechte Bewertungen. 


  • Was passiert bei auffälligen Daten?

    Sind Daten statistisch auffällig, weichen sie also von der erwarteten Norm ab, werden sie zunächst durch eine Fachkommission geprüft. Bestehen Zweifel fort, wird ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Können dabei kritische Punkte nicht ausgeräumt werden, können Maßnahmen gemäß Teil 1 § 17 DeQS-RL auferlegt werden. Auf der ersten Maßnahmenstufe: Teilnahme an Fortbildungen, Fachgesprächen, Kolloquien oder Qualitätszirkel, Implementierung von Behandlungspfaden, Durchführung von Audits oder Peer Reviews, Implementierung von Handlungsempfehlungen anhand von Leitlinien, bei fortbestehenden und schweren Mängeln Maßnahmen der Stufe 2: Honorarkürzungen und im Extremfall Entzug der Abrechnungsgenehmigung. Für den ersten Erfassungszeitraum des Modellprojektes wird es keine Maßnahmen der Stufe 2 geben.


  • Ab wann werden die praxisbezogenen Ergebnisse veröffentlicht?

    Das Benchmarking findet während der Erprobungsphase nicht statt. Dies würde erst dann erfolgen, wenn das QS-System bundesweit eingeführt würde.


Für den praktischen Ablauf des QS-Verfahrens inkl. Datenflüsse etc. verweisen wir auch auf die sehr umfassenden FAQ der KVWL.

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