Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz brauchen Psychologie
Pressemitteilung zum Internationalen Tag der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz am 28. April 2024
Berlin: 24.04.2024: Die Arbeitswelt befindet sich mit wachsender Geschwindigkeit in einem permanenten Transformationsprozess mit immer komplexeren Herausforderungen. Vor allem aufgrund weitreichender Digitalisierungsprozesse, dem demographischen Wandel, globalisierter und flexibilisierter Arbeitsstrukturen sowie einem sich weiter verschärfenden Arbeitskräftemangel in Deutschland haben sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren gravierend verändert. Die Pandemie wirkte auch hier als Brennglas sowie als Treiber der Entwicklungen.
Für Arbeitnehmer*innen bedeutet dies seit Jahrzehnten einen kontinuierlichen Anstieg an vor allem negativ gestalteten psychischen Belastungsfaktoren, wie beispielweise Arbeitsverdichtung oder Informationsflut am Arbeitsplatz. Der Zusammenhang zwischen negativer psychischer Belastung und psychischen sowie körperlichen Erkrankungen ist seit langem empirisch gut belegt. Psychische Erkrankungen sind seit vielen Jahren die mit Abstand häufigste Ursache für Frühberentungen. Und laut dem DAK Psychreport 2023 gibt es erneut einen „neuen Höchststand bei psychisch bedingten Fehlzeiten im Job“, sie liegen „um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren.“
Psychische Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz haben nicht nur einen enormen Einfluss auf die Lebensqualität von Arbeitnehmer*innen, sie sind auch ein signifikanter Wirtschaftsfaktor, der nicht ausschließlich die Produktivität von Unternehmen selbst betrifft, sondern den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt.
Seit der Novellierung des Arbeitsschutzgesetzes im Jahre 2013 besteht zwar die gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch Gefährdungen durch psychische Belastung zu berücksichtigen. Doch auch mehr als 10 Jahre danach liegt die Umsetzungsquote geschätzt bei nur rund 20 Prozent. Unternehmen benötigen dringend fachkundige Unterstützung, um psychische Belastungsfaktoren gesundheitsfördernd gestalten und den besorgniserregenden aktuellen Entwicklungen effektiv entgegenzuwirken zu können. Das kann das bestehende, aber völlig veraltete Arbeitssicherheitsgesetz von 1973 nicht leisten.
Eines ist klar: Es besteht akuter Handlungsbedarf! Es bedarf dringend einer Neubewertung und Anpassung der Anforderungen und Rahmenbedingungen im Bereich der Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes, um einen umfassenden und an der Realität von Arbeitnehmer*innen orientierten Arbeitsschutz gewährleisten zu können.
Was es jetzt braucht, ist neben klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen vor allem auch die Berücksichtigung psychologischer Expertise im gesetzlichen Arbeitsschutz (ASiG). Die fachli-che Expertise liegt hier klar im Kompetenzbereich der Psychologie. Doch die Einbeziehung von Psycholog*innen ist im aktuellen Arbeitssicherheitsgesetz nicht verankert. Dies be-schränkt sich seit seiner Verabschiedung vor 50 Jahren ausschließlich auf die Unterstützung durch Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Es ist Zeit für eine Änderung.
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) sieht hier vor allem den Gesetzgeber in der Pflicht umgehend zu handeln. Es braucht eine gesetzliche Grundlage für eine ganzheitliche und bedarfsorientierte Unterstützung von Unternehmen im Bereich des Arbeitsschutzes. Bei den komplexen Herausforderungen der modernen Arbeitswelt von heute braucht es dafür die fachliche Unterstützung von Psycholog*innen.
Bund und Länder sind derzeit in Bewegung – die Einrichtung einer Expert*innen-Gruppe auf Länderebene, die Aufnahme des Themas in den Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (ASGA) sind positive Entwicklungen. Der BDP unterstützt diese Entwicklungen ausdrücklich und ruft Bund und Länder dazu auf, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und bestehende Verordnungslücken durch die Verankerung von Psycholog*innen im Arbeitssicherheitsgesetz zu schließen, um gesunde Arbeitsbedingungen und damit nicht nur Leid, sondern auch krankheitsbedingte Kosten zu reduzieren und so mittelfristig die Unternehmen und langfristig den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.
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Bettina Genée
Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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