Climate Crisis and the Human Factor: 10 Psychological Keys to Unlocking Climate Action

Die Klimakrise und der menschliche Faktor: 10 psychologische Schlüssel zur Förderung von Klimaaktivitäten

In ihrem 10-Punkte-Meinungspapier präsentiert die EFPA umfassende Einblicke und Strategien, wie psychologische Ansätze effektiv zur Förderung von Klimaschutzaktivitäten beitragen können. Die 46-seitige Publikation bietet eine detaillierte Darstellung der wichtigsten psychologischen Hebel für einen nachhaltigen Wandel auf Basis fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Empfehlungen der Europäischen Föderation der Psychologenverbände (EFPA) zur Förderung von Klimaschutzaktivitäten

Um einen tieferen Einblick in die wissenschaftlichen Grundlagen und Handlungsempfehlungen zu erhalten, empfehlen wir das vollständige Dokument unter folgendem Link auf der EFPA-Website abrufen.  

Die EFPA und der BDP haben die Bekämpfung des Klimawandels zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Ansatzpunkte der Psychologie dabei sind die Förderung von Resilienz, klimafreundlicher Aktivitäten von Gemeinschaften und Organisationen und die Berücksichtigung psychologischer Aspekte in der Kommunikation zu Klimafreundlichkeit und Ängsten. Durch die Stärkung kollektiver Wirksamkeit und gezielter Ansprache von Emotionen und Gruppennormen können so Barrieren überwunden werden. 
Vor dem Hintergrund des wissenschaftlichen Konsenses über den menschengemachten Klimawandel und der daraus resultierenden kollektiven Verantwortung betont die EFPA in ihrem Positionspapier, dass die Psychologie in hohem Maße zu Veränderungen beitragen kann. Nachhaltige Transformationen sind aufgrund psychologischer und struktureller Barrieren besonders herausfordernd, deren Überwindung jedoch notwendig. 
Die 2021 von der EFPA gegründete Expert*innenreferenzgruppe für Psychologie und Klimawandel (EFPA Expert Reference Group for Psychology and Climate Change) – die zugleich die Autor*innen dieses Textes sind – setzt sich aus Fachleuten mit umfassender Forschungserfahrung und Expertise in der Psychologie des Klimawandels zusammen.

Die Autor*innen und Mitwirkenden dieses Papiers sind Weronika Kałwak, Bjørn Ekelund, Nicola Gale, Felix Peter, Sara Wortelboer, Csilla Ágoston-Kostyál, Eric Alderhorn, Nicholas Carr, Tiago Pereira und Attila Varga. Überarbeitet wurde das Meinungspapier zusätzlich von Caterina Arcidiacono, Nicolas Carr, Irina Feygina, Minou Mebane und Bernd Röhrle.

Für eine vollständige und tiefere Einsicht empfehlen wir, das Gesamtdokument auf der EFPA-Website zu studieren. Nachfolgend stellen wir unsere Übersetzung der Executive Summary aus Kapitel 3 des Meinungspapiers zur Verfügung.


Die Klimakrise und der menschliche Faktor: 10 psychologische Schlüssel zur Förderung von Klimaaktivitäten

Dieser Text ist eine Übersetzung der Kapitels 3 (Executive Summary) des Positionspapiers der Europäischen Vereinigung der Psychologenverbände (EFPA): Climate Crisis and the Human Factor: 10 Psychological Keys to Unlocking Climate Action

Deutsche Übersetzung: Erdem Adigüzel (Referent Fach- und Berufspolitik), Fredi Lang (Referatsleiter Fach- und Berufspolitik)

  • Kapitel 3: Zusammenfassung (Executive Summary)

Der Psychologie als Wissenschaft des Erlebens und Verhaltens kommt im Bereich des Klimawandels eine Rolle zu, da das individuelle Verhalten in seinem sozioökologischen Kontext einen wesentlichen Beitrag zu leisten vermag. In diesem Dokument soll anhand relevanter Punkte dargestellt werden, wie psychologisches Fachwissen auf den verschiedenen Ebenen zur Abschwächung der Klimakrise und zur Anpassung an ihre Folgen beitragen kann. Es wurde unter der Schirmherrschaft europäischer Psychologieorganisationen und in Zusammenarbeit zwischen europäischen Akademiker*innen und professionellen Praktiker*innen entwickelt und stellt in den entsprechenden Punkten die empirischen Erkenntnisse und berufliche Erfahrungen dar.

  1. Nachhaltigkeit als neuer Ausganspunkt. Das Streben nach Nachhaltigkeit stellt gängige materialistische Vorstellungen von Erfolg und Glück infrage und deutet darauf hin, dass ein höheres Maß an Wohlbefinden auch durch einen umweltfreundlicheren und weniger konsumgesteuerten Lebensstil erreicht werden kann. Dieser Wandel erfordert eine erhebliche psychologische und kulturelle Anpassung, weg von konsumorientierten Werten, hin zu einer nachhaltigeren Lebensweise.
  2. Nachhaltige Transformation. Die Bewältigung der Klimakrise erfordert, dass individuelle Belastungen und die aktive Beteiligung am gesellschaftlichen Wandel gleichzeitig gemeistert werden müssen. Die Psychologie hilft bei diesem Balanceakt, indem sie Klimagerechtigkeit und individuelle Unterschiede berücksichtigt. Verhaltensänderungen, die persönlich passend und verbunden mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Kontext etabliert werden, sind von entscheidender Bedeutung. Jedoch können durch den ausschließlichen Fokus auf individuelle Handlungen die notwendigen systemischen Veränderungen vernachlässigt werden. Wirksame Klimastrategien sollten nachhaltig, wissenschaftlich fundiert und gemeinschaftsorientiert angelegt sein.
  3. Kollektive Wirksamkeit. Bei der Bewältigung globaler Krisen ist gemeinschaftliches Handeln von entscheidender Bedeutung. Stressbewältigung und die Anpassung an Veränderungen sind effektiver, wenn Familien, Teams und Gemeinschaften zusammenarbeiten. Kollektive Wirksamkeit ist ein Schlüsselfaktor bei Umweltschutzaktionen, da sie das Handeln der Einzelnen beeinflusst und den Glauben an einen gemeinschaftlich getragenen Wandel stärkt. Diese gruppenbasierte Herangehensweise ist stärker als Selbstwirksamkeit, motiviert umweltfreundliches Verhalten, fördert die Akzeptanz politischer Maßnahmen und zeigt, dass gemeinsame Erfahrungen und Gruppennormen bei der Förderung von Verhaltensänderungen wirkungsvoller sind als bloße Informationen oder Überzeugungsarbeit.
  4. Emotionen als Antreiber für Maßnahmen. Der Fokus in der Klimapsychologie richtet sich zunehmend von rein kognitiven Einstellungen auf die zusätzliche Berücksichtigung emotionaler Reaktionen, die umweltfreundliches Verhalten beeinflussen. Emotionen wie beispielsweise umweltbezogene Ängste spielen eine komplexe Rolle bei der Motivation zum Handeln; sie können sowohl anpassungsfördernd als auch kontraproduktiv sein. Die „emotionale Wende“ in der Umweltkommunikation erkennt Emotionen als wichtige Antriebskräfte an. Dabei ist jedoch Vorsicht angezeigt, insbesondere angesichts potenzieller negativer Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden sowie der Gefahr, sich zu sehr auf emotionale Ansprache zu verlassen, um umweltfreundliches Verhalten zu fördern.
  5. Psychische Gesundheit und Resilienz. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Gesundheit umfassen sowohl direkte Auswirkungen, wie hitzebedingten Stress, als auch indirekte Auswirkungen durch Naturkatastrophen und soziopolitischen Druck. In diesem Zusammenhang gehen die Emotionen über die Motivation zu Klimaschutzmaßnahmen hinaus und wirken sich erheblich auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden aus. Negative Emotionen wie umweltbezogene Angst sind zwar bei Umweltproblemen häufig anzutreffen, können aber insbesondere bei gefährdeten Gruppen zu psychischen Problemen beitragen. Der Umgang mit direkten und indirekten Auswirkungen auf die psychische Gesundheit erfordert die Anerkennung der Unterschiedlichkeit betroffener Gruppen und die Förderung von Resilienz sowohl des Einzelnen als auch der Gemeinschaft, um eine wirksame Anpassung an klimabedingte Stressfaktoren zu ermöglichen.

  6. Umweltfreundliches Verhalten im Gemeinschaftskontext. Um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, sollte der Schwerpunkt innerhalb von Gemeinden auf umweltfreundliches Verhalten mit hoher Wirksamkeit und insbesondere auf jene gelegt werden, die in den Bereichen Verkehr, Ernährung, Konsum von Gütern und Energieverbrauch besonders aktiv sind. Die Überwindung von Barrieren wie geringem Umweltbewusstsein und strukturellen Herausforderungen ist von entscheidender Bedeutung. Gemeinschaftsbasierte Interventionen können soziale Normen und Werte nutzen, um umweltfreundliches Verhalten zu fördern und zu verbreiten. Dieser kollektive Ansatz fördert nicht nur die Resilienz des Einzelnen und der Gruppe, sondern geht auch auf ethische Bedenken im Zusammenhang mit globalen Ungleichheiten und der Verantwortung der wohlhabenderen Nationen ein.

  7. Umweltfreundliches Verhalten im Organisationskontext. Organisationen, einschließlich öffentlicher, kommerzieller und nicht staatlicher Organisationen, prägen umweltfreundliches Verhalten sowohl durch interne Richtlinien als auch durch öffentliches Engagement. Indem sie ökologische Werte in ihre betrieblichen Abläufe und ihre Kommunikation einbeziehen, z. B. in Form von Leistungsindikatoren und Jahresberichten, fördern sie nachhaltige Praktiken bei den Mitarbeitern und in der breiten Öffentlichkeit. Ihre Rolle geht über die bloße Beeinflussung von Verhaltensweisen zur tatsächlichen Reduktion von CO2-Emissionen hinaus. Sie enthält auch Transparenz und Rechenschaftspflicht, um Vertrauen aufzubauen und Greenwashing zu vermeiden. Solche Bemühungen der Organisationen unterstützen breitere systemische Veränderungen, die notwendig für wirksame Klimaschutzmaßnahmen sind.

  8. Klimapolitik. Die Rolle der Psychologie bei der Gestaltung von umweltfreundlichen politischen Programmen ist von entscheidender Bedeutung, da die Politik nicht nur die individuellen Verhaltensänderungen, sondern auch die systemischen und politischen Maßnahmen adressiert, die zur Erreichung der CO2-Neutralität nötig sind. Psycholog*innen bringen Erkenntnisse aus der politischen Psychologie ein, um die Gestaltung und Umsetzung politischer Maßnahmen auf den verschiedenen Ebenen zu beeinflussen. Sie engagieren sich unter anderem als politische Fürsprecher*innen, stärken das Vertrauen in politische Prozesse und in die Hoffnung auf deren Wirksamkeit. Sie stellen sicher, dass die politischen Maßnahmen auf dem Verständnis von sozialen Dynamiken sowie des menschlichen Erlebens und Verhaltens beruhen. Die breitere Anwendung psychologischer Grundlagen trägt dazu bei, Gemeinschaften zu stärken, das öffentliche Engagement für Umweltmaßnahmen zu fördern und eine nachhaltige Politikentwicklung zu unterstützen.

  9. Kommunikation zum Klimawandel. Die Kommunikation zum Klimawandel zielt mittels psychologisch fundierter Strategien darauf ab, Verhaltensweisen zu ändern und gesellschaftliches Engagement für Nachhaltigkeit zu fördern. Wirksame Kommunikation erfordert mehr als nur die Übermittlung von Informationen; sie umfasst den Dialog und enthält strategische Botschaften und sichtbare Beispiele für nachhaltiges Verhalten, um neue soziale Normen zu etablieren. Dieser Ansatz nutzt psychologische Erkenntnisse, um Botschaften zu erstellen, die unterschiedliche Werte und Motivationen ansprechen, indem Framing-Techniken benutzt werden, um die persönlichen und kollektiven Vorteile von Umweltmaßnahmen hervorzuheben. Ziel ist es, Gemeinschaften zu stärken, die Beteiligung zu verbessern, ein breiteres Engagement für den Umweltschutz zu fördern und die Wirksamkeit von Umweltmaßnahmen zu verbessern.

  10. Kollektive Verantwortung. Es ist im Klimaschutz von besonderer Bedeutung den Anwendungsbereich der Psychologie zu erweitern, also über die Beeinflussung des individuellen Verhaltens hinaus kollektive Anstrengungen und systemische Veränderungen zu bewirken. Die Psychologie muss sich in gemeinschaftsbasierten Aktionen einbringen und Entscheidungsträger*innen sowie Vorstände und Aufsichtsräte ansprechen, die in der Lage sind, transformative, groß angelegte Umweltreformen effizient umzusetzen. Eine solche Veränderung ist wesentlich, um substanzielle und wirksame Lösungen für den Klimaschutz und andere sozioökologische Herausforderungen zu erreichen.


     

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