Interview mit Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)

"Spätestens ab 2035 wird uns der psychotherapeutische Nachwuchs für die Versorgung fehlen."

  • Warum unterstützt die BPtK die Petition? 

Dr. Andrea Benecke: „Mit der Reform der Psychotherapeutenausbildung und der Verabschiedung der Weiterbildungsordnungen durch die Psychotherapeutenkammern wurden die besten Voraussetzungen für eine moderne Qualifizierung des psychotherapeutischen Nachwuchses geschaffen, die für alle Facetten des Berufes befähigt. Die Umsetzung darf jetzt nicht daran scheitern, dass die Finanzierung unzureichend ist und in der Folge zu wenig Weiterbildungsstellen entstehen.“

  • Die BPtK hat sich sehr für eine Reform eingesetzt. Was ist der grundlegende Unterschied zwischen der neuen Weiterbildung und der alten Ausbildung? 

„Im Gegensatz zur bisherigen postgradualen Ausbildung findet die Weiterbildung – wie bei den Ärztinnen und Ärzten – in Berufstätigkeit statt, mit dem Anspruch auf ein angemessenes Gehalt. Nach dem Psychotherapiestudium und der Approbation arbeiten die Weiterbildungs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer mindestens zwei Jahre in einer Klinik und mindestens zwei Jahre in einer Ambulanz oder Praxis und erwerben dabei alle praktischen und theoretischen Kenntnisse, die sie als Fachpsychotherapeutinnen und Fachpsychotherapeuten benötigen.“

  • Welche Folgen für die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen befürchten Sie, wenn die Umsetzung der Weiterbildung nicht gelingt?  

„Spätestens 2035 läuft die postgraduale Psychotherapeutenausbildung aus. Nur Fachpsychotherapeutinnen, Fachpsychotherapeuten, also die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die eine Weiterbildung absolviert haben, können eine Zulassung als Kassen-Psychotherapeutin, bzw. -Psychotherapeut, erhalten. Spätestens ab 2035 wird uns der psychotherapeutische Nachwuchs für die Versorgung fehlen, wenn es bis dahin nicht in ausreichender Zahl weitergebildete Fachpsychotherapeutinnen und Fachpsychotherapeuten gibt. Die Umsetzung der Weiterbildung hängt an der Finanzierung ausreichender Weiterbildungsstellen.“

  • Hat die BPtK konkrete Vorschläge dafür, welche gesetzlichen Änderungen für eine ausreichende Finanzierung der Weiterbildung nötig sind?  

„Für die ambulante Weiterbildung in Praxen fordern wir einen Gehaltszuschuss, finanziert von den Gesetzlichen Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen. Also eine analoge Regelung zur Förderung der Weiterbildung zur Hausärztin (Hausarzt) oder grundversorgenden Fachärztin (Facharzt), die es bereits gibt. Darüber hinaus muss den Praxen ermöglicht werden, über ihren bisherigen Umfang hinaus Patientenbehandlungen durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeu-ten in Weiterbildung erbringen zu lassen. Bei der Vergütung der Behandlungsleis-tungen von Weiterbildungsambulanzen sind alle Kosten zu berücksichtigen. Neben den Personal- und Sachkosten zur Erbringung der Behandlungsleistungen durch die Weiterbildungs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer gehören dazu auch die Kosten für Weiterbildungsleistungen wie Theorie, Supervision und Selbsterfahrung. Für die stationäre Weiterbildung sollen Kliniken bestehende Stellen in Weiterbildungsstellen umwandeln und zusätzlich weitere Stellen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten finanziert bekommen, wenn diese für die Weiterbildung benötigt werden.“ 

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